Anzeige
Anzeige

Grüne Paradoxien

Grüne Paradoxien

Grüne Paradoxien

 

Grüne Paradoxien

Anzeige

„Tradition ist nicht das Bewahren der Asche, sondern das Weitergeben der Flamme.“ – Dieser Satz des englischen Staatsmannes, Humanisten und Heiligen Thomas Morus, der vor allem als Begründer des utopischen Romans im Gedächtnis geblieben ist, wird nicht nur von Konservativen gerne zitiert, sondern findet sich auch im Wahlprogramm der jüngst so siegreichen baden-württembergischen Grünen.

Von einer konservativen Wende der Ökopartei, die vor gut dreißig Jahren als Sammelbecken von Hippies, Achtundsechzigern, Exkommunisten, Friedensaktivisten und Kernkraftgegnern – kurz gesagt, der damaligen „Bürgerschrecks“ und langhaarigen „linken Spinner“ – begonnen hat, kann freilich nicht gesprochen werden; ebensowenig aber von einem neuen Linkstrend, den viele Journalisten jetzt herbeizuschreiben versuchen. Zwar propagieren die Grünen egalitäre Ideologien (die wie das „Gender Mainstreaming“ mittlerweile zum Grundbestand aller etablierten Parteien gehören), predigen Frieden, Multikulti und „gemeinsames Lernen“, treten aber auch für „unternehmerische Kreativität“ ein, wenn diese „nachhaltig“ ist, und wollen Arbeitsplätze mit grünen Technologien schaffen.

Dafür und dagegen

Der typische Grüne – oder besser gesagt: die Grüne, denn sie ist weiblich, mittleren Alters und eine wohlsituierte Bewohnerin großstädtischer Speckgürtel – ist heute nicht mehr, wie früher, „gegen alles“, sondern immer „dafür“: Zum Beispiel im Prinzip dafür, daß von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen darf, und doch für sämtliche Kriege, an denen sich Deutschland in den vergangenen fünfzehn Jahren „aus humanitären Gründen“ beteiligt hat.

Weiterhin für die Gleichberechtigung der Frau sowie solcher Kulturen, die für Frauen Ganzkörperverschleierung, Prügelstrafe und Steinigung vorsehen, eigentlich aber für die Abschaffung „essenzialistischer Geschlechteridentitäten“ – also auch der Frau überhaupt –, schließlich soll jeder, jede, jedes sein/ihr Geschlecht frei wählen können.

Ziviler Ungehorsam und moderne Schulpolitik

Generell sind die Grünen sehr für demokratische Wahlen, wenngleich es bei solchen in ihrer Partei oft zu Tumulten kam. Allerdings hatten sie stets auch Verständnis für Menschen, die „zivilen Ungehorsam“ gegen parlamentarische Mehrheitsentscheidungen praktizierten – natürlich nur, wenn diese sich für gute, zivilgesellschaftliche Anliegen „engagierten“. Solange sie in der Opposition sind, fordern sie mehr Volksabstimmungen, geben aber, wenn sie regieren, zu bedenken, daß auch in einer Demokratie nicht alles erlaubt sein kann, schließlich könnten Ewiggestrige ja Ressentiments gegen eine moderne Schulpolitik oder den Bau von Minaretten schüren.

Bildung und interkulturelle Toleranz liegen allen Grünen sehr am Herzen, weshalb sie ihre Kinder – so sie denn welche haben – vorzugsweise international ausgerichtete Privatschulen besuchen lassen, auf denen die wenigen Kinder „mit Migrationshintergrund“ keinerlei Probleme machen. Deren Eltern sind wohlhabende Leute, etwa japanische Ingenieure, französische Diplomaten oder iranische Ärzte, was belegt, daß alles eine Geldfrage ist und offenbar viel mehr Geld in die Bildung „benachteiligter“ Kinder (leider oft aus Migrantenfamilien, da diese noch immer „ausgegrenzt werden“) zu investieren ist.

Biowein und Kaffee aus fairem Anbau

Trotz der spirituellen Neigungen, die manche Grüne pflegen, verachten sie materielle Dinge keineswegs, trinken gerne guten Biowein und Kaffee aus fairem Anbau, tragen auch keine Jutekittel mehr, sondern teure, schicke und bequeme Kleidung aus natürlichen Materialien. Sie „leben“ den Multikulturalismus am liebsten dadurch, daß sie ihn sich gönnen: etwa indem sie heute beim Italiener, morgen beim Inder und übermorgen beim Chinesen essen, am nächsten Wochenende einen Tai-Chi- oder Hormonyoga-Kurs besuchen und sich beim Kirchentag auf den Dalai Lama freuen.

Zwar kritisierten die Grünen in ihrer Gründerzeit den technokratischen „Machbarkeitswahn“ und pflegten einen ängstlichen Pessimismus, aber bald lernten sie, ihre Angst zu genießen, da diese erst ihnen und dann allen anderen als sympathisches Zeugnis von Einsicht und Betroffenheit erschien. Irgendwie haben sie es als Wohlstandskinder der Goldenen Achtziger doch nie ganz ernst gemeint.

Auch Thomas Morus bewegte sich zwischen Staatsutopie und politischer Satire, zwischen theoretischer Toleranz und praktischer Glaubensstrenge, mit der er Andersgläubige durchaus hinrichten lassen konnte). Als Engländer besaß er aber – zum Beispiel wenn er seine friedlichen „Utopier“ fremde Söldner in den Krieg schicken läßt – eine gewisse Ironie, die den friedlichen deutschen Grünen abgeht.

Anzeige
Anzeige

Der nächste Beitrag