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Homöopathie

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Vielleicht bin ich ja wirklich von der geldgierigen Pharmaindustrie geblendet, von der Wissenschaft betrogen oder noch nicht auf einer höheren geistigen Ebene angekommen. Zumindest bekomme ich regelmäßig solche Kommentare zu hören, wenn ich öffentlich zugebe, daß ich nicht an Homöopathie glaube. 

Die Mehrheit der Deutschen hat eine neutrale Meinung gegenüber Homöopathie und hegt eher eine gleichgültige bis wohlwollende Haltung nach dem Motto: „Es kann ja zumindest nicht schaden.“

Doch lehnt man die Kügelchen der Hebamme, des Kinderarztes oder von befreundeten Müttern ausdrücklich ab, so deuten das viele als Affront, den sie beim besten Willen nicht verstehen können. Wie kann man denn nur gegen Homöopathie sein, fragen sie und fühlen sich dabei wie Galilei vor der Inquisition.

Alles anderes als wissenschaftlich

Dabei ist es, wenn überhaupt, andersrum: Schließlich war Galilei ein Wissenschaftler, der die Welt beobachtet und beschrieben hat – so wie sie ist, nicht wie er sie haben wollte. Die Inquisition dagegen versuchte ein Dogma der Kirche mit allen Mitteln zu verteidigen, das sich letzten Endes als Aberglauben entpuppte: Die Welt ist nun mal rund und eben nicht flach.

Als ein solches Dogma bezeichnet der Medizinprofessor Edzard Ernst im Spiegel-Interview auch die Homöopathie: Wie alle Glaubensätze darf auch sie von ihren Anhängern nicht in Frage gestellt werden. Und genau das führt dazu, daß die Homöopathie alles anderes als wissenschaftlich fundiert ist.

Doch das stört viele Anhänger nicht: Für sie ist die Wissenschaft in Sachen Homöopathie einfältig, naiv und parteiisch und genauso verdächtig wie die unehrliche und habgierige Pharmaindustrie. Das Milliardengeschäft der Homöopathie-Industrie spielt dabei amüsanterweise keine Rolle. Denn sicher handeln diese Firmen im Gegensatz zu den bösen Pharmakonzernen immer ethisch und verkaufen nur wirksame und heilende Mittel.

Alles eben ein wenig mystisch

Gegen die Naturheilkunde, also die heilende Kraft vieler Pflanzen, gibt es nichts einzuwenden – auch seitens der Wissenschaft nicht. Aber kann jemand eine glaubwürdige Erklärung dafür bieten, warum ein Mittel um so stärker wirken sollte, je mehr es verdünnt ist? Der Mediziner Ernst bringt es auf den Punkt: „Wenn jemand wirklich zeigt, wie die Homöopathie wirkt – dann hat er nicht einen Nobelpreis in der Tasche, sondern mehrere.“

Auch für das ritualistische Schütteln der Wirkstoffe wird seitens der Homöopathen keine richtige Erklärung geboten. Es sei alles eben ein wenig mystisch.

Für viele reicht das als Erklärung. Sie schalten offenbar ihr rationales Denken ab, wenn es um Homöopathie geht. Sie wollen unbedingt daran glauben, egal wie unplausibel das ist und obwohl die Homöopathie gegen sämtliche physikalischen, biologischen und chemischen Grundsätze verstößt. Die Frage ist nur, warum.

Ein Grund könnte sein, daß man hierzulande spätestens dann für jeden Quatsch offen ist, wenn man Kinder bekommt. Es braucht nur die einfache Frage: „Wollen Sie denn nicht, daß es Ihrem Kind gutgeht?“ – und schon kaufen Eltern alles, was als unentbehrlich für den kostbaren Nachwuchs dargestellt wird.

So liegt es wohl weniger an der Homöopathie selbst, daß diese heutzutage einen solchen Siegeszug gerade bei jungen Eltern feiern kann, sondern an der allgemeinen Einstellung, daß man seinen Kindern bloß nichts Gutes verwehren möchte. Ob Homöopathie, vorgeburtliche Untersuchungen oder Englischkurse für Säuglinge – man will sich ja nicht vorwerfen lassen, seinem Kind nicht alles geboten zu haben. 

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