Eine Krankheit breitet sich seit einigen Jahren immer stärker aus und ergreift immer größere Teile der Bevölkerung. Man nennt sie „Burnout“, zu deutsch „inneres Ausgebranntsein“. Bei helfenden Berufen wie Ärzten oder Lehrer war dieses Phänomen der emotionalen Erschöpfung mit reduzierter Leistungsfähigkeit lange schon bekannt, jetzt sind zunehmend auch Manager und höhere Angestellte betroffen.
Obwohl die Arbeitszeit heute deutlich geringer ist als noch vor wenigen Jahrzehnten, obwohl der Mensch nie Anspruch auf eine solch große Anzahl von Urlaubstagen hatte wie heute, wird immer mehr über Streß geklagt. Viele Menschen haben das Gefühl, ständig überfordert zu sein und klagen über physische wie psychische Antriebsschwäche.
Warum gelingt es dem heutigen Menschen nicht, sich in der so großzügig bemessenen Freizeit ausreichend zu erholen? Wahrscheinlich deshalb, weil auch die Freizeit mit immer mehr Unternehmungen sportlicher oder kultureller Art angefüllt ist, daß ein regelrechter „Freizeitstress“ entsteht. Alles wird heute grundsätzlich unter dem Aspekt der Leistung gesehen.
Burnout-Problematik hat aber noch eine tiefere, religiöse Ursache
Besonders fatal wirkt sich dieses Denken auf die Frauen und die Familien aus. Wird die Frau nach der Geburt des Kindes schon bald wieder in den Beruf gedrängt, so steht sie vor der fast unlösbaren Aufgabe, als Berufstätige wie auch als Mutter vollen Einsatz zu zeigen – ein Anspruch, der die eigenen Kräfte übersteigt und nicht selten zu Frustration und innerem Ausgebranntsein führt.
Die Burnout-Problematik hat aber noch eine tiefere, religiöse Ursache. In einer Welt, in der viele Menschen nicht mehr an ein Leben nach dem Tod und an die Sinnhaftigkeit alles irdischen Tuns glauben, scheint es konsequent, daß sich Resignation und eine fatalistische Lebenseinstellung immer weiter ausbreiten. Wenn innerweltlich alle Anstrengung vergeblich ist und dann auch noch Gott als letztes Ziel und Sinngeber meines Lebens wegfällt, muß die große Krise kommen, die letztlich zu totaler Verzweiflung führt.
In letzter Zeit höre ich von immer mehr Fällen solchen Ausgebranntseins unter den Pfarrern und kirchlichen Mitarbeitern. Die Schlussfolgerung liegt nahe, daß auch hier das Übernatürliche und Gott selbst allzu oft aus dem Blick geraten sind. Die Infragestellung der zölibatären Lebensform für Priester ist hierfür ein Indikator. Generell wird vom Pfarrer heute sehr viel an Organisation und Repräsentation verlangt, zu wenig geschätzt wird sein Dienst im Gebet, im Lehren und im Heiligen.
Auch die Art und Weise wie heute Gottesdienst gefeiert wird, zeigt, daß vielerorts das menschliche Tun im Vordergrund steht und nicht mehr Gottes Handeln am Menschen. Der mystische Aspekt wird nicht mehr gesehen. Der Gottesdienst wird zur Show, die möglichst interessant gestaltet werden muß. Diese Haltung kann aber beim Zelebranten auf Dauer nur zu Überforderung, Frustration und Verzweiflung führen.