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„Ätschibäh, ich kann Deutsch!“

„Ätschibäh, ich kann Deutsch!“

„Ätschibäh, ich kann Deutsch!“

 

„Ätschibäh, ich kann Deutsch!“

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Für den neuen Deutsch-Werbefeldzug wäre das der Titel, der zu den mitgelieferten Bildern am besten paßt. Mit weit herausgestreckten Zungen, die schwarz-rot-golden angepinselt sind, scheinen die mehr oder weniger gut gebräunten Werbeträger – eine Quoten-Blond[iert]e ist auch dabei – dem Betrachter mitteilen zu wollen: „Ätschibäh, ich kann Deutsch!“ Doch auf den Anzeigen und Plakaten der „Deutschlandstiftung Integration“ ist in schreienden Großbuchstaben etwas anderes zu lesen: „RAUS MIT DER SPRACHE. REIN INS LEBEN.“

Eigentlich ist es offensichtlich: Bild und gewünschte Botschaft stimmen nicht miteinander überein. Die herausgestreckte Zunge wird – zumindest in unserem Kulturkreis – als Symbol der Schadenfreude und der Geringschätzung wahrgenommen. Bei Kindern ist diese Geste weit verbreitet: Da schmiert der kleine Kevin das kleine Fritzchen aus und zeigt ihm feixend die Zunge. Doch ein Ätschibäh beabsichtigen die Macher der Kampagne nicht. Bei der Deutschlandstiftung, hinter der sich der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger verbirgt, heißt es: „In den Motiven bringen die Botschafterinnen und Botschafter ihre Persönlichkeit zum Ausdruck und transportieren mit der herausgestreckten Zunge in den Farben Schwarz, Rot und Gold die klare Nachricht: Die Beherrschung der deutschen Sprache ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Integration.“

„Rein ins Leben“: Waschmittelwerbung?

Mit einer Zunge, die wie ein Waschlappen aus dem Maul hängt, Nachrichten zu „transportieren“, ist an sich schon eine große anatomische Herausforderung. Jetzt müßten die Angesprochenen nur noch Deutsch können, um den Text und die eigentliche Botschaft verstehen zu können. Was etwa mit „rein ins Leben“ gemeint ist, erfordert bereits fortgeschrittene Kenntnisse in der deutschen Sprache. Der unvollständige Satz (Subjekt? Prädikat?) könnte schlimmstenfalls gar als Waschmittelwerbung mißverstanden werden.

Bis die Deutschschüler genug Deutsch können, müssen sie rätseln, was denn die Bilder bedeuten könnten. Man sieht unter anderem die Politiker Aygül Özkan und Öczan Mutlu, den Boxer Artur Abraham, den Fußball-Nationalspieler Jérôme Boateng und die Sprechsänger Sido und Harris. Sie alle strecken unnatürlich weit ihre unnatürlich gefärbte Zunge heraus. So eine Rinderzunge kennt man sonst eigentlich nur von der US-amerikanischen Rockgruppe mit den zwei Sig-Runen im Namen.

Die Selbstdarstellung scheint wichtiger zu sein

Bei den meisten Betrachtern löst eine solche Verrenkung des mit Schleimhaut überzogenen Muskelkörpers Ekel aus. Dieser Versuch, Einwanderer zum Deutschsprechen zu ermuntern, dürfte also erfolglos bleiben. Erstaunlich, daß das den Vorstandsmitgliedern der Stiftung – darunter Staatsministerin Maria Böhmer und Bild-Chefredakteur Kai Diekmann – nicht auffällt. Möglicherweise zählt jedoch die Selbstdarstellung mehr als das Lösen der Probleme, die wir mit Einwanderern haben, die kein Deutsch lernen wollen.

Udo Lindenberg: „Anglizismen sind cool“

Unterdessen bekommt heute Panikrocker Udo Lindenberg in der Brüder-Grimm-Stadt Kassel den mit 30.000 Euro dotierten Jacob-Grimm-Preis Deutsche Sprache. Zu den Gründen für die Auszeichnung sagte Lindenberg gestern der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen Zeitung (HNA): „Ich verwende Anglizismen, weil das cool ist.“ Da hat einer aber in der Tat der deutschen Sprache und den Denglischgegnern vom Verein Deutsche Sprache, der den Preis vergibt, die Zunge herausgestreckt. Und Sie, liebe Leser, versuchen jetzt bitte alle einmal, mit heraushängender Zunge Deutsch zu sprechen.

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