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Von Babylon zum Pfingstwunder

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Pfingsten ist für gläubige Sprachfreunde ein besonderes Fest. Sie können nicht nur das Erscheinen des Heiligen Geistes feiern, sondern auch das Pfingstwunder als Manifest der Sprachenvielfalt (Apostelgeschichte 2, 1-47). Erfüllt vom Heiligen Geist, war es den Aposteln möglich, in allen Sprachen zu predigen. Dadurch konnten sie von allen Anwesenden verstanden werden.

Das Pfingstwunder überwand die babylonische Sprachverwirrung (Genesis 11, 1-9). Auf den ersten Blick war diese zwar eine Strafe Gottes; bei näherer Betrachtung entpuppt sie sich jedoch als Voraussetzung für ein friedliches Zusammenleben der Völker. Die Beschränkung auf eine Sprache hatte die Menschen hochmütig gemacht. Sie wollten gottgleich sein und forderten Gott mit dem Bau eines Turmes heraus.

Wie kam es zu diesem Hochmut? Zahlreiche Sprachen bedeuten zahlreiche Sichtweisen. Wilhelm von Humboldt stellte fest: „Mehrere Sprachen sind nicht ebenso viele Bezeichnungen einer Sache; es sind verschiedene Ansichten derselben.“ Verschiedene Sprachen eröffnen also unterschiedliche Wege zur Wahrnehmung der Welt. Humboldt meinte: „Durch die Mannigfaltigkeit der Sprachen wächst […] der Reichtum der Welt und die Mannigfaltigkeit dessen, was wir in ihr erkennen.“ Ohne die Sprachenvielfalt hätte die Menschheit also eine beschränktere Weltsicht.

Sprache prägt Identität

Nach Humboldt bestimmt die Sprache das Denken. Weil sich Sprachen voneinander unterscheiden, beeinflussen sie ihre Sprecher in unterschiedlicher Weise. Somit hat die Sprache nicht nur die Aufgabe, einen Zugang zur Welt zu eröffnen, sondern prägt auch die Identität und gibt ihr eine Stimme. Humboldt: „Die wahre Heimat ist eigentlich die Sprache. Sie bestimmt die Sehnsucht danach, und die Entfremdung vom Heimischen geht immer durch die Sprache am schnellsten und leichtesten, wenn auch am leisesten vor sich.“ Nimmt man einem Volk die Sprache, vernichtet man es. Der Turnvater Friedrich Ludwig Jahn stellte fest: „Ein Volk, das seine eigene Sprache verlernt, gibt sein Stimmrecht in der Menschheit auf und ist zur stummen Rolle auf der Völkerbühne verwiesen.“

Die Sprachenvielfalt ist folglich keine Strafe Gottes, sondern ein Geschenk, das wir bewahren müssen, weil es uns Erkenntnis und Identität gibt. Anders gesagt: Die Sprachenvielfalt ist Gottes Werk. Wer sie zerstören will, wer eine Einheitssprache durchsetzt, um immer mehr Macht und Geld anzuhäufen, versündigt sich. Das Pfingstwunder löst die babylonische Sprachverwirrung nicht dadurch auf, daß die Apostel eine christliche Einheitssprache durchzusetzen versuchen.

Statt dessen verleiht der Heilige Geist den Aposteln die Fähigkeit, sich in verschiedenen Sprachen äußern zu können: „und sie wurden alle voll des Heiligen Geistes und fingen an, zu predigen mit anderen Zungen, nach dem der Geist ihnen gab auszusprechen.“ So läßt sich das Pfingstwunder auch als Gebot verstehen, die Sprachenvielfalt zu erhalten. Fangen wir bei unserer Muttersprache an!

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