Heute ist der Europäische Tag der Sprachen. Besser gesagt: Heute ist der Europäische Tag der englischen und der französischen Sprache. Denn der Europarat, der diesen Tag zusammen mit der Europäischen Union ausgerufen hat, bietet weitergehende Auskünfte lediglich auf englisch und französisch an.
Das „European Centre for Modern Languages (ECML)“ mit Sitz im österreichischen Graz (!) sieht sich nicht in der Lage, Informationen auf deutsch bereitzustellen. Die Vermutung drängt sich auf, daß es in der Steiermark zu wenige Menschen gibt, die der deutschen Sprache ausreichend mächtig sind. Möglicherweise zählt der Europarat Deutsch auch nicht zu den „modern languages“, den modernen Sprachen, sondern zu den modernden.
Der Europarat rechtfertigt sich, daß Englisch und Französisch schließlich die offiziellen Sprachen des Europarats seien. Auf den Gedanken, daß es lächerlich wirken könnte, in lediglich zwei Sprachen für die Sprachenvielfalt zu werben, kommt er nicht. Die Berufung auf die Satzung scheint den Eurokraten wichtiger zu sein als ihre Glaubwürdigkeit.
Zweiklassengesellschaft europäischer Sprachen
Großzügigerweise gesteht der Europarat den Mitgliedsländern immerhin zu, die offizielle Pressemitteilung übersetzen zu dürfen: „Despite this, each year the National Contact Persons are invited to translate the press release published by the Council of Europe into their national/official language. These translations are then made available online.“ Die genannte Kontaktperson in „Germany“, M. Freddy Tenbrock vom „Federal Ministry of Education and Research, Division 212, General Issues and Education Policy of the EU“, hat dies denn auch gemacht.
Das kennen die Abgeordneten des Deutschen Bundestages schon von den Vorlagen der Europäischen Kommission, denen sie zustimmen müssen: Nur die Zusammenfassungen gibt es auf deutsch. Wer tiefer in den Stoff eindringen will, um ihn gründlich zu verstehen, muß sehr gute Englisch- oder Französischkenntnisse mitbringen.
Hier zeigt sich wieder einmal, daß es unter den Sprachen in Europa längst eine Zweiklassengesellschaft gibt. Deutsch taugt offenbar europaweit nur noch dazu, um mit den Pferden zu sprechen, so wie es schon Kaiser Karl V. hielt. Die Pferde, das sind wir, die uns das gefallen lassen. Aber aufgepaßt: Wer uns zu fest am Zaumzeug zieht, läuft Gefahr, abgeworfen zu werden.