Seit Dienstag ziert die Installation„Monument“ des syrischen Künstlers Manaf Halbouni mit drei senkrecht aufgestellten Bussen den Platz vor der Dresdner Frauenkirche. Diese soll ausgerechnet um den Jahrestag der Zerstörung Dresdens im Zweiten Weltkrieg an das Leid der syrischen Zivilbevölkerung erinnern. Feindliche Reaktionen aus der Bürgerschaft kommentierte Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) als „erschreckend“. und äußerte: „Ich dachte, wir sind schon ein Stück weiter.“
Installationskunst besteht in der Regel aus temporären Objekten, die in einen meist öffentlichen Raum gestellt, gehängt oder gelegt werden. Die Bearbeitung der Einzelobjekte steht weniger im Vordergrund als der optische Gesamteffekt. Nicht selten werden Baumaterialien oder Schrott für Installationen verwendet. Ein finanziell erfolgreicher Installationskünstler ist HA Schult, der seine „Trash People“, 300 aus Müll gefertigte Figuren, derzeit um die Welt schickt.
Masse statt Klasse
Oft erzeugen Installationskünstler den gewünschten optischen Effekt schlicht durch die Größe oder Menge der von ihnen im Raum plazierten Objekte. 500 gleich aussehende rote Marx-Skulpturen hat der Installationskünstler Ottmar Hörl 2013 in Trier aufgestellt. Masse statt Klasse. Die Bevölkerung steht Installationskunst manchmal verständnislos gegenüber, da diese oft nicht gängigen ästhetischen Kriterien entspricht und nicht ohne Erklärung funktioniert. Gelegentlich werden Installationen à la Hörl aber auch als spaßiges Event wahrgenommen.
Inwieweit nun Manaf Halbouni ein talentierter Künstler ist, ist im aktuellen Zusammenhang wenig relevant. Talent ist bei Installationskünstlern ohnehin nur schwer über ihre Objekte feststellbar, eher schon über ihre Fähigkeit zur geschickten Selbstvermarktung und Medienkompetenz infolge der von ihnen im Raum plazierten Provokationen oder Zumutungen.
Halbouni wurde 1984 in Damaskus geboren, ist aber schon lange vor dem syrischen Bürgerkrieg nach Deutschland gekommen. Von 2009 bis 2014 studierte er Bildhauerei an der Hochschule für Bildende Künste Dresden. Seine Arbeiten sind von der Beschäftigung mit seiner Identität als Einwanderer geprägt. Seine Installation „Entwurzelt“ von 2014 zeigt ein Schrottauto, dessen Innenraum mit Büchern und einer kleinen Kochecke gefüllt ist. Das dort also bereits auftauchende Auto soll als Motiv des Wanderns dienen und des Versuchs, nach dem Verlust von Heimat wieder Wurzeln zu schlagen.
Kunstaktion gegen Pegida
Diese Idee variierte er 2015 mit „Nowhere is Home“, in dem er ein Auto mit überladenem Dachgepäckträger in den öffentlichen Raum stellte. Hier sollte das Auto für das moderne Nomadentum und die weltweiten Flüchtlinge stehen. Schon die künstlerische Verarbeitung seiner ausländischen Herkunft macht Halbouni also interessant und förderwürdig für diejenigen in Politik und Kulturbetrieb, die auf diese Weise Sensibilität für das Anliegen von Einwanderern erzeugen wollen.
Halbouni revanchierte sich, indem er 2015 eine „Kunstaktion gegen Pegida“ ins Leben rief, die wiederum den Interessen der etablierten Politik entgegenkam. In der bewußt verballhornenden Installation „Sachse auf der Flucht“ wurde erneut der Dachgepäckträger eines Autos beladen, doch diesmal „mit den klischeehaften Habseligkeiten, die ein sächsischer Flüchtling mitnehmen würde: Gartenzwerge, Sonnenschirm und ein Bierkasten mit einem Kühlschrank.“
Bemerkenswert ist aber auch Halbounis Arbeit „What if“ von 2015, in der sich Minderwertigkeitskomplexe und feuchte, antieuropäische „Welteroberungsträume“ vereinigten. In Weltkarten stellte er einen alternativen Geschichtsverlauf vor: „In der fiktiven Welt, die ich erschaffen habe, hat die Industrie-Revolution im arabischen sowie osmanischen Reich stattgefunden. Somit sind zwei Mächte hervorgekommen, die die Welt mit Waffen sowie technologischen Errungenschaften beliefern. Auf der Suche nach Ressourcen und Absatzmärkten begann man mit der Kolonialisierung Europas. Bei der Kolonialisierung wurden neue Grenzen erschaffen, um Europa unter zwei Mächten aufzuteilen, ohne Rücksicht auf die verschiedenen dort lebenden Völker. Die neu eroberten Städte werden teils umbenannt oder übersetzt. Lediglich ein paar große Städte dürfen ihren Namen behalten.“
Mißachtung der eigenen Opfer
Diese muslimischen Überphantasien wurden offiziell ignoriert, die Flüchtlingsinstallationen und die Aggression gegen die Bevölkerung des Aufnahmelandes aber machten Halbouni nun nutzbar für die Politik, so daß sie ihm einen ausgesprochen prominenten Raum vor der Dresdner Frauenkirche für die Selbstvermarktung zur Verfügung stellte. Angesichts der zu erwartenden Medienaufmerksamkeit dürfte es Halbouni leichtgefallen sein, auf ein Honorar zu verzichten.
Die Proteste von Teilen der Dresdner Einwohnerschaft, der AfD und Pegida gegen die Installation „Monument“, sind also nicht allein mit ästhetischen Streitigkeiten erklärbar oder daß kein Interesse an der Beschäftigung mit dem Leid des syrischen Bürgerkriegs bestände. Sie resultieren bei Teilen der Bevölkerung eher aus dem Gefühl der Mißachtung der eigenen Opfer, der eigenen Geschichte, der eigenen Würde durch die herrschende Klasse und durch jene Kulturszene, die den Herrschenden finanziell und ideologisch ergeben ist.
Oberbürgermeister Hilbert meinte dieser Tage, Dresden wäre an seiner Vernichtung 1945 „nicht unschuldig“ gewesen. Er erklärte also die zivilen Kriegsopfer seiner eigenen Stadt indirekt zu Mittätern, während er die ausländischen Täter moralisch entlastete. Während also Dresdner Opferzahlen heruntergerechnet werden, während das würdevolle Gedenken an die eigenen Toten seit Jahren hinter politischen Ränkespielen verschwindet, während auf dem Altmarkt eine lächerlich kleine Gehwegplatte an die Zerstörung der Stadt erinnert, werden die Toten nun noch als Werbung für die offizielle Einwanderungspolitik mißbraucht.
Das Eigene als Transportschiene für Vielfalt
Vor der Semperoper entsteht die Installation „Lampedusa 361″ mit 90 großformatigen Fotografien von Flüchtlingsgräbern auf Sizilien. Am 12. Februar geht der Internationale Friedenspreis „Dresden-Preis“ an den italienischen Ort Riace für dessen überproportionale Aufnahme von Einwanderern. Und nun wird vor der Frauenkirche mit einer Monumentalinstallation der Toten von Syrien gedacht.
Das Eigene verkommt, ähnlich wie bei den Vertriebenen, zunehmend zur Transportschiene für die Zwecke einer auf „Vielfalt“ und „internationale Solidarität“ fixierten Politik. Diese Instrumentalisierung und Herabwürdigung erzeugt die Wut des angeblichen „Mobs“, die der Politik auf der Straße entgegenschallt.