Anzeige
Anzeige

Kommentar zur Griechen-Rettung: Mit Volldampf auf den Eisberg

Kommentar zur Griechen-Rettung: Mit Volldampf auf den Eisberg

Kommentar zur Griechen-Rettung: Mit Volldampf auf den Eisberg

Euro-Flagge
Euro-Flagge
Demonstranten mit Euro-Flagge vor dem Griechischen Parlament Foto: picture alliance/ZUMA Press
Kommentar zur Griechen-Rettung
 

Mit Volldampf auf den Eisberg

Die Staats- und Regierungschefs der Eurozone wollen weitere Fantastillionen im griechischen Faß ohne Boden versenken. Doch der angebliche „Durchbruch“ bei den Verhandlungen mit Athen ist nur ein weiterer fauler Kompromiß und könnte der Anfang vom Ende der Währungsunion sein. Ein Kommentar von Michael Paulwitz.
Anzeige

Hat irgend jemand etwas anderes erwartet? Dramatische Posen, zur Schau getragene „feste“ Haltungen, die von vornherein zum Einschmelzen bestimmt waren, Letzte-Chance-Raunen und am Ende eine Marathon-Nachtsitzung mit Durchbruch am Morgen, der als Ergebnis eines harten und ehrlichen Ringens verkauft und doch wieder nur ein fauler Kompromiß ist: Die Einigung auf Eckpunkte für ein neues, drittes „Hilfspaket“ für das seit fünf Jahren bankrotte Griechenland folgt der üblichen Choreographie europäischer Gipfelbeschlüsse.

Damit haben die Staats- und Regierungschefs der Eurozone nicht nur grünes Licht gegeben, um weitere Fantastillionen im griechischen Faß ohne Boden zu versenken, sie fahren die ganze Europäische Union mit Volldampf gegen den Eisberg. Die Geschichtsbücher werden diese Einigung demnächst wohl als Anfang vom Auseinanderbrechen von Währungsunion und EU verzeichnen.

Beschlüsse verlängern nur die Agonie

Was in Brüssel beschlossen wurde, rettet nichts, es verlängert nur die Agonie. Der griechische Schuldenberg, der jetzt schon nicht bedient werden kann, wird noch höher aufgetürmt und das Risiko noch weiter auf die europäischen, sprich: deutschen Steuerzahler verlagert. Die griechische Regierung hat dafür wieder mal „Reform“-Zusagen gemacht, gegen die sie in weit weniger scharfer Form eben noch das Volk hat abstimmen lassen.

Daß Ministerpräsident Tsipras diesmal ernst macht und die Zusagen einhält, glaubt vermutlich keiner seiner Verhandlungspartner wirklich. Selbst wenn das griechische Parlament die entsprechenden Gesetze beschließt, heißt das bekanntlich noch lange nicht, daß sie auch angewandt werden.

Und selbst wenn dieser Fall einträte, käme Griechenland damit nicht wieder auf die Beine. Denn dafür müßte es den „Grexit“ wagen, den Euro abschütteln, der seine Wirtschaft erdrosselt, den Staatsbankrott erklären und erst einmal mit dem auskommen, was es selbst erwirtschaftet.

Weitere Hilfspakete werden folgen

Dann fielen allerdings auch die Gehälter von Regierungsmitgliedern und Beamtenklientel wesentlich bescheidener aus als die heute auf Pump gezahlten. Der von anderen finanzierte Nomenklatura-Status ist auch einem Alexis Tsipras dann doch wichtiger als alle verlogene sozialistische Sorge ums eigene Volk. Jeder hat im Europa der Krämer seinen Preis.

Griechenland hängt also weiter am Tropf, auf unabsehbare Zeit. Auf das dritte „Hilfspaket“ wird ein viertes, fünftes, x-tes folgen. Die Parlamente der Mitgliedstaaten dürfen den faulen Kompromiß in Eilsitzungen durchwinken und Blankoschecks für Milliardenrisiken unterschreiben. Auch der Bundestag wird schon parieren, man will ja schließlich wieder einen sicheren Listenplatz. Wie gesagt: Jeder hat seinen Preis.

Womit man den Widerstand der finnischen Regierung, der baltischen und osteuropäischen Reformstaaten gebrochen hat, deren Völker vernehmlich mit den Zähnen knirschen, weil sie auf Pump den höheren Lebensstandard in Griechenland mitfinanzieren dürfen, wer weiß. Fakt ist: Das Machtwort von jenseits des Atlantik hat gewirkt, das Schulden- und Schwindelgeldkarussell darf sich noch eine Weile weiter drehen zum Wohle einiger weniger, und die europäischen Völker zahlen dafür die Zeche.

Der Euro entzweit die Europäer

Und werden von den Euro-„Rettern“ unerbittlich gegeneinander aufgebracht. Das „Friedensprojekt“ Euro entzweit die Europäer beinahe wie ein Bürgerkrieg. Das Mißtrauen grassiert, der schwarze Peter rotiert, die einen werden zum Zahlen erpreßt, die anderen wähnen deswegen schon „Hellas in Auschwitz“. Der neugewählte AfD-Ko-Sprecher Jörg Meuthen hat das bessere Bild gefunden: Der Euro ist wie Guantanamo, man kommt rein, aber nie mehr raus. Jedenfalls nicht auf friedlichem Weg.

Die Euro-Ideologen haben das Kunststück fertiggebracht, Aufmerksamkeit und Ressourcen eines ganzen Kontinents auf Staatsbankrott und Schuldenkrise eines kleinen Mitgliedslandes zu konzentrieren, die ohne den Euro schon längst gelöst sein könnten.

Derweil wird Europa sehenden Auges und mit offenen Türen von Immigrantenströmen überrannt, formieren sich in der multipolaren Welt neue Macht- und Kraftzentren, bebt in China der Aktienmarkt und detonieren weltweit die Bomben der Islamisten. Aber wir diskutieren über und zahlen für Griechenland. Da kann man den Herrschaften zu ihrem gefühlt zweihundertsiebenunddreißigstem „Durchbruch“ ja wirklich nur gratulieren.

Demonstranten mit Euro-Flagge vor dem Griechischen Parlament Foto: picture alliance/ZUMA Press
Anzeige
Anzeige

Der nächste Beitrag

ähnliche Themen
Hierfür wurden keine ähnlichen Themen gefunden.