Die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe drohe zur „Maut im Quadrat“ und zu einem „Drama erster Güte“ zu werden, warnte Unionsfraktionsgeschäftsführer Volker Kauder. „Daß es Risiken gibt, ist nicht zu bestreiten, aber sie sind aus Sicht der Experten beherrschbar“, wiegelte Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) ab. Doch die von der Boulevardpresse entfachte Diskussion über das Arbeitslosengeld II (Alg II) enthält mehr sozialen Sprengstoff, als der Schlagabtausch zwischen Regierung und Opposition vermuten läßt. Selbst wenn die Auszahlung des Alg II ab Januar 2005 reibungslos funktionieren sollte, werden dann Hunderttausende deutsche Familien in die Armut stürzen. Die monatliche Regelleistung liegt pauschal bei 345 Euro – egal, was der Betroffene vorher verdient hat. Alle verwertbaren Vermögensgegenstände, die private Altersvorsorge und der Lohn des Ehepartners werden zuvor angerechnet – bis auf geringe Freibeträge. Bisherigen Doppelverdienern, die ein Haus abzuzahlen haben, droht dann der Privatkonkurs. Selbst die von der Politik gepriesene „Riester-Rente“ muß teilweise aufgebraucht werden – sonst gibt es keinen Cent mehr. Das könnte ab 2005 laut Schätzungen bis zu 800.000 Menschen betreffen – zumeist in den strukturschwachen Gebieten mit hoher Langzeitarbeitslosigkeit, wie Mitteldeutschland oder dem Ruhrgebiet. Hier gibt es nicht einmal schlechtbezahlte „Minijobs“. Das angestrebte Ziel, Erwerbslose zur Aufnahme einer Arbeit zu animieren, klingt in diesen Regionen wie ein Hohn – vor allem bei denjenigen, die mit über 50 längst zum „alten Eisen“ zählen.