Grob gesagt, kann man die große Gegnerschaft gegen ein umfassendes Antidiskriminierungsgesetz durchaus auf diesen Nenner bringen: Wir wollen diskriminieren dürfen! Wir wollen – im Namen der Religion, der Freiheit, der Privatautonomie – unterscheiden. Und wir wehren uns dagegen, daß das verboten werden soll. Am ehrlichsten hatte das bereits der Deutsche Anwaltverein formuliert: „Vertragsfreiheit bedeutet die Freiheit des Einzelnen, … die Entscheidung auch aus unsachlichen oder mißbilligenswerten Gründen zu treffen“. Auf deutsch heißt das: Wir wollen uns unsere kleinen und großen „unsachlichen oder mißbilligenswerten“ Einstellungen nicht verbieten lassen. Konkret: Wir wollen weiterhin Alte, Menschen mit Behinderungen, Ausländer, Juden, Muslime, Hindus, Homosexuelle und – uns unbekannte – kleine Kirchen mit Vorurteilen belästigen und benachteiligen dürfen. Wir wollen weiterhin den Freikirchen den Zugang zu allen Ebenen der (staatlich finanzierten) Theologischen Fakultäten an den Universitäten und Hochschulen erschweren bzw. unmöglich machen, wir wollen unliebsamen Glaubensgemeinschaften die Miet-, Pacht- oder Kaufverträge durchkreuzen dürfen, wir wollen weiterhin die Beschäftigung an unseren (öffentlich geförderten) Krankenhäusern, Kindertagesstätten, sozialen Einrichtungen und Wohnheimen unseren eigenen Konfessionsangehörigen vorbehalten wissen, wir wollen weiterhin jeden Homosexuellen, der sich outet, aus seinen Dienstverträgen entlassen dürfen. Wir wollen all dies, weil wir uns die Durchsetzung unserer „Wahrheiten“ von niemandem wollen nehmen lassen. Es ist zu wünschen, daß die durch Diskriminierung Getroffenen in aller Schärfe ihre Nöte bekannt machen: Alte Menschen, Menschen mit Behinderungen, ethnische, rassische, religiöse und weltanschauliche Minderheiten, Minderheiten in sexueller Ausrichtung. Dr. Dietmar Lütz ist Baptistenpastor und Beauftragter der Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF) am Sitz der Bundesregierung in Berlin. Das Antidiskriminierungsgesetz sollte nicht zu einer gesetzlichen Grundlage erhoben werden. Aus Sicht der Unternehmer ist es unmöglich, daß nahezu alle unternehmerischen Entscheidungen juristisch angezweifelt werden können. Dieses Gesetz würde einen abgelehnten Bewerber um eine Stelle geradezu dazu einladen, juristisch dagegen zu klagen, weil er sich diskriminiert glaubt. Ich habe als Unternehmer also nicht mehr die notwendige freie Wahl bei der Auswahl meiner Mitarbeiter. Gerade in einem mittelständischen Betrieb kennt man alle Angestellten. Da muß die Chemie zwischen den Mitarbeitern stimmen. Das hat weder mit Hautfarbe noch mit Herkunft zu tun, sondern lediglich mit der persönlichen Sympathie. Wenn ich sehe, daß ein Bewerber tüchtig ist, ich aber schon beim Einstellungsgespräch merke, daß wir nicht zurechtkommen würden, kann ich ihn nicht einstellen. Die Idee des Gesetzes ist prinzipiell gut, aber das Gesetz ist viel zu weit auslegbar. Die Krux an solchen Gesetzen ist, daß sie immer für sogenannte „Großunternehmen“ gemacht werden, die einige tausend Mitarbeiter beschäftigen. Was in einem Mittelständischen Betrieb passiert, wird nicht berücksichtigt. Schließlich gehört auf irgendeine Weise jedermann einer „Minderheit“ an. Was passiert also, wenn mich jemand auf eine Stelle verklagt und ihm recht gegeben wird? Muß ich dann einen vielleicht fähigeren Mitarbeiter entlassen oder zahlen? Schließlich kann ich mir doch nicht mehr Leute leisten, als der Umsatz hergibt. Als Unternehmer ist man vor einem Arbeitsgericht meistens im Nachteil. Das Gesetz kann zur Folge haben, daß in Deutschland noch weniger eingestellt werden – zu groß wäre das Risiko, daß jemand dem Unternehmen aufgezwungen würde, den es nicht gebrauchen kann. Frido Flade ist Vizepräsident der Vereinigung Mittelständischer Unternehmen e. V. (VMU).