Das Hilfswerk "Brot für die Welt" ruft auf, einen Teil der Ausgaben für das diesjährige Silvesterfeuerwerk für Projekte in den Ländern des Südens zu spenden.
In der Nacht vom 31. Dezember zum 1. Januar sollen nicht 150 bis 200 Millionen Mark im Himmel verpuffen, sondern ein Teil dieses Geldes soll langfristig Entwicklungshilfeprojekten zugute kommen. Projekten, bei denen Jugendliche einen Ausbildungsplatz erhalten, Projekten, in denen Frauen lernen, wie man ein eigenes Geschäft aufbauen kann, Projekten, die Kleinbauern beim Überleben helfen. "Brot für die Welt" hat nichts gegen Knallen und Feuerwerk am letzten Tag des Jahres. Aber es möchte einen Teil der Gelder, die für Feuerwerk ausgegeben werden, für sinnvolle Projekte einsetzen, die den Menschen zugute kommen, die kein Geld für Feuerwerkskörper haben, ja, die nicht einmal genug Wasser und Nahrung haben.
Alljährlich freuen sich viele Menschen über das bunte Feuerwerk am Himmel. Andere wiederum, so sagen es uns die Psychologen, brauchen den Krach und den Lärm, um ihre Ängste vor dem, was das neue Jahr bringt, zu verdrängen. Solche Bedürfnisse sind nachvollziehbar. Doch daß dafür eine solch horrende Summe ausgegeben wird, ist nicht einzusehen. Deshalb sollen nicht nur Feuerwerkskörper gekauft werden, sondern auch Spenden an "Brot für die Welt" gegeben werden.
Wenn von den angepeilten 200 Millionen Umsatz der Pyrotechnischen Industrie nur zehn Prozent, also rund 20 Millionen zusätzlich an "Brot für die Welt" fließen würden, so wäre das Hilfswerk in der Lage, im neuen Jahr rund einhundert zusätzliche Projekte in den ärmsten Ländern dieser Erde in Mocambique, im Sudan, in Angola, in Nicaragua oder in Vietnam zu fördern. Und zwar mit einer Hilfe, die sich nicht in Schall und Rauch auflöst, sondern nachhaltig über Jahre hinweg Menschen konkret im Kampf ums Überleben unterstützt.
Klaus Rieth ist Pressesprecher der Hilfsorganisation "Brot für die Welt" in Stuttgart.
Die deutsche pyrotechnische Industrie bedauert, daß zahlreiche kirchliche und weltliche Sammel- und Hilfsorganisationen immer noch ihre Spendenaufrufe zur Jahreswende unter das Motto "Brot statt Böller" stellen. Spendenaufrufe sind sicherlich wichtig und notwendig, da es Menschen und Regionen gibt, denen es nicht so gut geht wie uns. Falsch ist es aber, diese Spendenaufrufe in einen direkten Zusammenhang mit dem Silvesterfeuerwerk zu bringen. Kann es Aufgabe einer Hilfsorganisation sein, einem einzelnen Wirtschaftszweig Schaden zuzufügen, nur um ihr gewünschtes Ziel – möglichst viele Spenden – zu erreichen? Der Versuch, mit dem Anspruch der Moral bei all jenen ein schlechtes Gewissen zu erzeugen, die Freude an dem Brauch haben, zu Silvester Feuerwerkskörper abzubrennen, erscheint verfehlt. Zumal die hiermit verbundene Spekulation, daß jeder, der infolge des moralischen Druckes auf sein Silvesterfeuerwerk verzichtet, auch automatisch einen entsprechenden Geldbetrag spenden wird, allzu einfach gedacht ist. Wahrscheinlich blieben die pyrotechnische Branche und die vielen Freunde ihrer Erzeugnisse unbehelligt. Hinzu kommt, daß der geringe Pro-Kopf-Anteil von ca. 2,50 Mark je Bundesbürger für Silvesterfeuerwerk, verglichen mit anderen Ausgaben für Genußmittel ( Alkohol, Tabak, etc.), kein lohnender Ansatz für einen derart aggressiven Spendenaufruf sein kann.
Jedenfalls wird es den vielen Freunden des Silvesterfeuerwerks nicht gerecht, ihnen die Freiheit zu mißgönnen, unbeschwert einem Unterhaltungsbedürfnis nachzugehen und sich ein Vergnügen zu leisten, wie es das Abbrennen von Feuerwerkskörpern nunmal ist. Daß unter solchem "Luxus" Hilfsbereitschaft und Spendenfreudigkeit keineswegs leiden müssen, beweisen die jährlichen Milliardenspenden, mit denen die Bundesbürger nach wie vor eine Spitzenstellung in der Welt einnehmen.
Klaus Gotzen ist Rechtsanwalt und Geschäftsführer des Verbandes der pyrotechnischen Industrie (VPI)