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Am Scheideweg?

Am Scheideweg?

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Am Scheideweg?

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Das war es denn also mit 2012. Bis dato kein Weltuntergang, kein Bürgerkrieg, nur leises Siechtum. Die Finanzwelt fault still von innen vor sich hin, doch das bemerkte man kaum vor dem Hintergrund des weihnachtlichen Konsumzwangs und der irrsinnigen Summen, die in der Silvesternacht in den Himmel geblasen wurden. Einige Tage lang (wenngleich wohl nur vorübergehend) nichts mehr in den Nachrichten von Protestzügen in Griechenland und anderswo, von Syrien oder der neuen, „ganz unvorhergesehenen“ Konfliktsaat in den Staaten, die der „arabische Frühling“ doch eigentlich hätte befruchten sollen.

Vor soviel Jubel, Trubel, Heiterkeit scheint die Neujahrsansprache der Bundeskanzlerin ganz untergegangen zu sein. Vielleicht erreichte sie auch nur nicht – oh Wunder – die vom Kanzleramt angestrebten Einschaltquoten; anders läßt sich wohl kaum erklären, weswegen ihr wichtigster Inhalt über mehrere Tage per Fernsehen und Rundfunk in den Nachrichten ständig repetiert werden mußte. Achtung, nicht O-Ton: „Die kommende Zeit wird wirtschaftlich (das ist ja auch das Wichtigste) nicht einfacher, sondern schwerer (ach, tatsächlich?!), darum müssen die Deutschen enger zusammenstehen. Liebe Volksgemeinschaft, die kommenden Härten sind – auch, wenn das jenseits der weitsichtigen classe politique niemand begreift – nichts anderes als ein Ansporn.“ So wird die oktroyierte Schuldknechtschaft als Motor der Fortentwicklung verkauft, für den man am besten noch dankbar sein sollte.

Weil diese mit der für Frau M. typischen Grabesmiene vorgetragene captatio benevolentiae, dieser lieblos dahingeblubberte Versuch einer letzten Dosis Psychagogie vor dem Jahreswechsel für den noch von Glühwein benebelt in Richtung Sektbar drängenden Souverän, es gar nicht verdient hat, näher betrachtet zu werden, soll das auch an dieser Stelle nicht stattfinden. Stattdessen, gerade für diejenigen, die in der Weihnachtszeit wenig Besinnliches gefunden haben, einige Zeilen von Ursel Peter, über die man sich viel eher Gedanken machen sollte:

Wohin gehst Du, mein Volk?

Wohin führt Dich Dein Weg

durch das Irrsal dieser verworrenen Zeit,

wo der Bruder den Bruder verrät,

die Mutter die Kinder verläßt,

daß sie verkommen im Sumpfe der Gosse;

wo der Mann vergißt,

daß die Frau, die Geliebte,

etwas Heiliges ist,

noch immer.

Wohin gehst Du, mein Volk?

Wohin führt Dich Dein Weg

durch falschen Reichtum und Glanz?

Satt und stumpf treibst Du durch

Lärm und Lust,

ohne Blick für den Tag und den

hohen Himmel,

für den Wald, der noch blieb,

und den Acker, der Dich getreulich ernährte

all die Geschlechter lang.

Wohin gehst Du, mein Volk,

zwischen Leichtsinn und Untergang?

Hast Du vergessen, was Väter und Ahnen

erbaut, geliebt und geadelt,

mein Volk, was seit Urzeiten als

Höchstes galt

vor Gott und den Menschen:

die Treue, die Ehre, die Liebe –

nicht der Feind, wie hätt’ er es je vermocht –

nur Du selbst konntest es leugnen

und höhnend zertreten.

Wohin gehst Du, mein Volk?

Die Lüge betest Du an,

erhebst sie auf Deinen Altar,

in ihrem Namen verrätst Du Dein Bestes:

den Tod Deiner Söhne, die Tränen der Mütter,

die brennende Not

um das Schicksal der Heimat.

Schamrot muß selbst der Fremde sich wenden,

schamrot, daß Du so tief

Dich zu vergessen vermochtest.

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