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Sprachreichtum als Nachteil

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Unwort, Umfrage, Alternativ

Vor dem „digitalen Aussterben“ stehen zahlreiche europäische Sprachen. Zu diesem Schluß kommt META-NET, ein von der Europäischen Kommission geförderter Forschungsverbund. Anläßlich des Europäischen Tags der Sprachen am 26. September hat er die Ergebnisse einer Untersuchung veröffentlicht. Demnach sind von 30 untersuchten Sprachen 21 vom „digitalen Aussterben“ bedroht.

Was bedeutet „digitales Aussterben“? Wenn die sprachverarbeitende Technik eine Sprache unzureichend berücksichtigt, kann sie aus dem digitalen Raum verschwinden. Das schadet dann dem Status der Sprache insgesamt, da die Technik immer mehr Lebensbereiche durchdringt. META-NET untersuchte die sprachtechnologische Unterstützung in vier Anwendungsgebieten: automatische Übersetzung, Erkennung und Erzeugung gesprochener Sprache, Textanalyse und Verfügbarkeit von Sprachressourcen.

Lob für deutsche Zurückhaltung

21 der 30 Sprachen ordnete der Forschungsverbund mindestens einmal in die schlechteste Kategorie „Unterstützung ist schwach oder nicht-existent“ ein. Der Koordinator von META-NET, Professor Hans Uszkoreit, erklärte: „Der Mehrheit der europäischen Sprachen mangelt es in gravierendem Maße an technologischer Unterstützung, und einige werden fast komplett vernachlässigt.“

Nur das Englische bewertete META-NET mit „guter Unterstützung“, dahinter folgen Sprachen wie Niederländisch, Französisch, Deutsch, Italienisch und Spanisch mit „moderater Unterstützung“. Deutsch ist demnach noch besser dran als andere Sprachen. Allerdings legten die Forscher an der der deutschen Sprache keine hohen Maßstäbe an. Aufschlußreich ist nämlich das „Weißbuch“, das META-NET zur deutschen Sprache erstellt hat. Darin wird die sprachpolitische Untätigkeit Deutschlands auf europäischer Ebene sogar gelobt: „Diese Zurückhaltung brachte den deutschsprachigen Ländern nicht etwa Nachteile, sondern hat zu der seit Jahren beobachteten Imageverbesserung beigetragen.“

Sprachtechnik konzentriert sich auf Englisch

Nach dem Rückgang der Sprachtechnologieforschung im deutschen Sprachraum seien viele Fachleute in die USA abgewandert. Somit seien etwa die Ergebnisse für die automatische Analyse des Englischen viel besser als für das Deutsche. Unter Wissenschaftlern herrsche die Meinung vor, die Sprachstruktur des Englischen eigne sich besser für die digitale Verarbeitung.

Auch META-NET stellt fest: „Die vielen Produkte zur maschinellen Übersetzung können allerdings bislang selten sprachlich korrekte Übersetzungen erzeugen, besonders bei Übersetzungen ins Deutsche, was zu einem großen Teil an den Eigenschaften unserer Sprache liegt.“ Hinderlich seien Merkmale der deutschen Sprache, die zu ihrem Reichtum beitragen, etwa die freie Wortstellung, die Möglichkeit der Wortschöpfung durch zusammengesetzte Hauptwörter oder die Bildung von Schachtelsätzen.

Deutsch soll sich zurückziehen

Auch bei der Anglisierung des Deutschen gibt die Untersuchung „Entwarnung“. Die Forscher belehren uns: „Dem Opfern schöner Wörter und Wendungen des Deutschen tritt man am besten durch deren häufige und bewusste Verwendung entgegen und nicht durch Polemik und Verordnungen.“ Wissenschaft, Luftfahrt und die globalen Finanzmärkte bedürften einer „weltweiten lingua franca“ (also Englisch). Die von der EU bezahlten Forscher befürworten also ausdrücklich das Zurückdrängen des Deutschen aus diesen Bereichen. Die Politik wird ihr Handeln an diesen Vorgaben ausrichten. Keine guten Aussichten!

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