BERLIN. Was hätte Axel Springer wohl dazu gesagt, wenn ihm ein Mitarbeiter vorgeschlagen hätte, DDR-Nationaltrikots an die Leser der Bild-Zeitung zu verkaufen? Vermutlich hätte sich der Verlagsmitarbeiter nach einem neuen Arbeitgeber umsehen müssen.
2011 ist alles anders: Bild vertreibt neuerdings im Internet DDR-Trikots. So bietet Deutschlands größte Boulevardzeitung auf seiner Netzseite beispielsweise das „DDR-Retro-Heimshirt 1974“ (49,95 Euro, in fünf Größen verfügbar) an, mit dem die DDR-Nationalmannschaft bei Fußball-WM angetreten ist.
„Bei diesem Copa-Trikot verschmelzen Kult und Nostalgie“, heißt es in der Produktbeschreibung. Das Hemd mit dem Hammer-und-Zirkel-Wappen spiegele „auf einzigartige Weise den Charme einer vergangenen Fußballära wieder“.
Diese Begeisterung für DDR-Symbolik könnte die Leserschaft von Bild verwirren. Schließlich ist zur Schau getragener Antikommunismus seit jeher das Markenzeichen der Zeitung mit den großen Buchstaben. Als die Junge Welt am 13. August den früheren DDR-Grenzern auf ihrer Titelseite zurief: „Wir sagen einfach mal: Danke“, antwortete Bild mit einer Überschrift mit Ausrufungszeichen: „DDR-Verherrlichung muß strafbar sein!“
Franz Josef Wagner schimpft
Als 2009 in Brüssel für eine Hamburger Senatorin fälschlicherweise eine alte DDR-Fahne gehißt wurde, da war Bild außer sich, berichtete groß über die protokollarische Panne. Dreimal verwendeten die Autoren des Artikels den Begriff „peinlich“, weil Hammer und Zirkel auf Fotos zu sehen waren und weil die „Bürokraten in Brüssel“ vom Untergang der DDR wohl nichts mitbekommen haben.
Wenig später schimpfte Franz Josef Wagner in seiner Kolumne über die „Ostalgie“, die sich hartnäckig hält: „In der Super Illu blättern, Riverboat sehen, von Club Cola schwärmen. Von Anekdötchen erzählen, in der die Diktatur ein Diktatürchen war.“
Der Vertrieb von DDR-Nationaltrikots scheint nicht richtig zu dieser Haltung zu passen. JF meint: Ganz schön daneben. (rg)