Als Außenstehende blieb mir in den vergangenen Wochen oft nichts anderes übrig, als den Kopf über die hiesige Vertriebenenpolitik zu schütteln. Denn kein Land in der Welt schafft es so erfolgreich, aus Opfern Täter oder mindestens „ewiggestrige Revanchisten“ zu machen wie Deutschland.
Wollen Vertriebene hierzulande ein Denkmal haben, dann ist das erst nach jahrelangem Streit theoretisch möglich, und nur, wenn das Mahnmal auch bloß für alle Vertriebenen aller Länder gilt. Schließlich kann Deutschland ja unmöglich als alleiniges Opfer dargestellt werden – wie sehe das denn nur aus?
Vergleichen kann ich die deutsche Situation in dieser Angelegenheit mit meiner Heimat Finnland – was viele vielleicht auf den ersten Blick verwundert. Aber so unterschiedlich sind die Schicksale der beiden Länder in dieser Hinsicht nicht: Finnland war im Zweiten Weltkrieg mit Deutschland als Waffenbruder verbündet und hat seine eigenen Kriege (Winterkrieg und Fortsetzungskrieg) gegen die Sowjetunion gefochten beziehungsweise verloren.
Ein Fünftel der Bevölkerung wurde vertrieben
Schließlich hat Finnland seine Kornkammer Karelien – das finnische Ostpreußen – und den damals wichtigsten Industriestandort, die zweitgrößte Stadt Viipuri an die Sowjets verloren. Daraufhin wurde ähnlich wie in Deutschland ein Fünftel der Bevölkerung evakuiert oder vertrieben – viele von ihnen zwei Mal innerhalb weniger Jahre.
Doch wie geht Finnland damit um? Bei uns gibt es zahllose Denkmäler für die Vertriebenen – und zwar nur für die eigenen Opfer. Aber noch viel wichtiger: Das Anliegen der Vertriebenen ist dort kein Tabu – höchstens langweilig für die jüngere Generation. Dennoch würde es niemandem einfallen, die Vertriebenen als Revanchisten oder Ewiggestrige zu bezeichnen, weil sie ihrer alten Heimat nachtrauern.
Und ganz bestimmt würde der Außenminister die Interessen seiner eigenen Landsleute in dieser Hinsicht niemals verraten und sich wegen des gutnachbarlichen Verhältnisses beim ehemaligen Feind anbiedern.