Schlimmste Menschenrechtsverletzungen geschehen im Iran. Außer Khameneis Bauchrednern und Ahmadi-Nedschads Jubelpersern bezweifelt dies niemand. Politikerinnen, die kopftuchbewehrt und gesenkten Blickes den Mullahs ihre Aufwartung machten, säuseln nun Kritisches. Aber weiterhin sehen unsere Schönredner die Mullah-Herrschaft auf dem Weg zur Demokratie. Mit der Wirklichkeit hat das sowenig zu tun wie die einst von Springer- und Regenbogen-Presse kolportierte Märchenwelt um Soraya, Farah und den Schah.
Der Iran war nie ein freies Land – nicht einmal in der kurzen Regierungszeit Mohammad Mossadeghs, die 1953 mit dem CIA-gesteuerten August-Putsch und der Rückkehr des Schahs endete. Mit dem Sieg Khomeinis 1979 kam das Volk aus dem Regen in die Traufe, in die totale Unterjochung. Dabei halfen Kommunisten und Bürgerliche, westliche Medien, Franzosen (der „liberale“ Präsident Giscard d’Estaing) und vor allem die Amerikaner kräftig mit. Jimmy Carter, der katastrophalste US-Präsident aller Zeiten, nannte Khomeini einen „Heiligen“, der US-Botschafter Sullivan sprach von einer „Gestalt wie Gandhi“. Der Dank? Khomeini ließ alle Oppositionellen ins Exil treiben, einkerkern, ermorden. Nur neun Monate nach seiner Rückkehr befahl er, die US-Botschaft in Teheran zu besetzen und über 50 Geiseln zu nehmen.
Der Iran war einst eine Großmacht, er will wieder eine werden. Die Begeisterung für nationale Großmachtpolitik zieht sich durch alle Lager. Selbst wenn wunderbarerweise das Land wieder zoroastrisch oder wenn es christlich würde – diese Konstante bliebe. Das schon unter dem Schah proklamierte Ziel, in unserem Jahrhundert eine der fünf stärksten Mächte der Welt zu werden, wird mit aller Kraft weiterverfolgt. Eine solche Politik, die ihr Ziel nur durch Aufrüstung, Militärbündnisse und Interventionen erreichen kann, ist unabhängig von ihren Erfolgsaussichten eine Bedrohung für die Nachbarn und den Weltfrieden. Sie läßt sich ebensowenig wegverhandeln wie die Atomwaffen. Nur konzertierter Widerstand hilft hier.
Menschenrechtsverletzungen und Wahlschwindel sind für eine islamistische Diktatur essentiell. Ahmadi-Nedschad und Khamenei zu verdrängen, ist Sache der Iraner, die dabei alle Hilfe verdient haben. Aber für uns ist die Hauptsache, unsere Diplom-Beschwichtiger der vorzeitigen Pensionierung zuzuführen und – befreit von Illusionen und Geschwätz – eine auf Recht gestützte Politik durchzusetzen.
Rolf Stolz war Mitbegründer der Grünen und lebt heute als Publizist in Köln.