In der Mythologie des NS-Okkultismus spielen Verschwörungstheorien seit jeher eine bedeutende Rolle. Von der germanisch-ariosophischen Kosmologie der geheimnisumwitterten Thule-Gesellschaft über Guido von Lists Armanen bis zur mysteriösesten aller derartigen Gruppierungen, der Reichsarbeitsgemeinschaft „Das kommende Deutschland“, führen die Spuren zu einer Reihe von Orden, Logen und Geheimgesellschaften, die bis heute immer wieder ins Blickfeld moderner Verschwörungstheoretiker geraten.
Mit einer dieser legendenumwobenen Gruppen, der sogenannten Vril-Gesellschaft, befaßt sich das sechsmal jährlich erscheinende Magazin 2000plus – Untertitel: „Kosmos, Erde, Mensch“ – in seiner aktuellen Spezialausgabe (17/271). Wieder einmal geht es um die „Hochtechnologie der Vril-Gesellschaft“ und den Bau „Freier-Energie-Scheiben“, mit deren Hilfe gegen Ende des Zweiten Weltkrieges feindliche Flugstaffeln abgelenkt und bekämpft werden sollten. Doch leider verfällt der Beitrag im Galopp in Phantastereien, die keiner genauen Überprüfung standhalten. Vor dem durchaus realen Hintergrund der mit der bereits erwähnten Reichsarbeitsgemeinschaft „Das kommende Deutschland“ identischen Vril-Gesellschaft und den Forschungen auf dem Gebiet der Freien Energie, wie sie in den 1920er und 1930er Jahren in Deutschland durch Karl Schappeller und in Österreich durch Viktor Schauberger stattfanden, setzt der Autor eine unhaltbare Legendenbildung in Kraft, die vom realen Kern des Vril-Mythos ablenkt und sich statt dessen auf abenteuerliche und gewagte Spekulationen kapriziert. Ernsthaften wissenschaftlichen Untersuchungen ist dies jedoch nicht dienlich.
So hatte beispielsweise die 1918 ins Leben gerufene deutsch-völkische Thule-Gesellschaft, deren Ziel hauptsächlich darin bestand, die kommunistische Münchener Räterepublik zu bekämpfen, mit der Vril-Gesellschaft absolut nichts zu tun. Und obwohl bei weitem nicht alles, was in den letzten Jahrzehnten über die Erforschung und Anwendung der „Freien Energie“ und die Existenz der Vril-Gesellschaft gesagt und geschrieben wurde, ins Reich der Phantastik gehört, ist auch dieser Beitrag wieder geradezu ein Lehrbeispiel für die Faszination, die von klassischen Verschwörungstheorien ausgeht und ständig zu neuen Deutungen, Legenden, Spekulationen, Weiterentwicklungen und Übertreibungen führt.
„Leben wir in der Endzeit?“ fragt ein weiterer Beitrag und verweist auf Zeichen und Ereignisse, die Grenzwissenschaft als nachweisbare Realität sicht- und erlebbar machen sollen. Jenseits von Umweltkatastrophen, Kriegen um Öl und globalen Kulturkämpfen, die schon zu hunderttausenden Toten führten, sieht der Autor in dem von den herrschenden politischen Mächten verschwiegenen Ufo-Phänonem gefährliche „Indikatoren der Endzeit“, auf die bereits der 2002 von Papst Johannes Paul II. heiliggesprochene Pater Pio hingewiesen habe. Nachprüfbar ist auch diese Behauptung leider nicht.
Anschrift: Argo-Verlag. Sternstr. 3, 87616 Marktoberdorf. Das Einzelheft kostet 8 Euro, das Jahresabo 40 Euro. Internet: www.magazin2000plus.de