Heftig kritisiert der wegen der Hohmann-Affäre entlassene General Reinhard Günzel jetzt die Praxis der inneren Führung der Bundeswehr. Statt zu “mündigen Persönlichkeiten" würden die Soldaten “mehrheitlich zu devoten Erfüllungsgehilfen der Politik" erzogen, so Günzel in einem Interview mit der am Freitag in Berlin erscheinenden Wochenzeitung JUNGEN FREIHEIT.
Im Ergebnis habe man “weder aufrechte Bürger, noch richtige Soldaten erhalten". Auch an der Effektivität der Bundeswehr äußert Günzel, der von 2000 bis 2003 Kommandeur des Kommando Spezialkräfte (KSK) war, erhebliche Zweifel und bezeichnet die Streitkräfte der Bundesrepublik Deutschland als “unglückliche Konstruktion", die “schon bei ihrer Aufstellung" nicht darauf ausgerichtet gewesen sei “militärische Schlagkraft zu entwickeln".
Eine besondere Gefahr sei zudem das “Einsickern des Politischen in die Armee", das “wir bislang in der deutschen Militärgeschichte vor 1945 nur aus der Zeit des Nationalsozialismus kennen". Im NS-System sei die Armee “Beute der Politik" geworden.
“Heute erleben wir ähnliches", so Günzel. Auch habe es “im Führerkorps der Bundeswehr keine Diskussion zum völkerrechtlich nicht geklärten Angriff auf Serbien gegeben", ebensowenig “wie es eine interne Diskussion um einen Irak-Einsatz gegeben hätte". Es sei “erstaunlich, wie leicht sich mündige Staatsbürger in Uniform in alle Welt schicken lassen", so Günzel.
V.i.S.d.P.: Thorsten Thaler, Chef vom Dienst, Hohenzollerndamm 27a, 10713 Berlin
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