Das Chaos ist perfekt: Protestnoten, Abberufung von Botschaftern, Botschaftsschließungen, Massenproteste, Warenboykott, Ausschreitungen, Morddrohungen. Auslöser für dieses weltweite islamische Großgewitter ist die dänische Tageszeitung Jyllands-Posten, die im September letzten Jahres zwölf satirische Abbildungen des Propheten Mohammed abdruckte, um, wie sie mitteilte, zu testen, ob in Dänemark noch Meinungsfreiheit herrsche (JF berichtete). Während sich auf der einen Seite elf islamische Staaten zum Protest versammelt haben, hat die EU nun Dänemark den Rücken gestärkt. Wer aber glaubt, die Fronten verliefen entlang der Konstellation christliches Abendland contra Islam, der täuscht sich. Wir befinden uns nicht „vor Wien“ 1683, sondern in Paris 1789: Hier ringen Liberalismus und Gottesfürchtigkeit miteinander. Es wiederholt sich der Kulturkampf, den das Christentum einst verloren hat. Im Abendland ist Gott abgeschafft, vegetiert bestenfalls als Lebenshelferlein für den Alltag und ewige Witzvorlage für Satiriker. Wer das goutiert, dem sei es gegönnt, aber hier trennen sich die Wege von Liberalen und Konservativen unweigerlich. Natürlich sind Morddrohungen indiskutabel, doch das falsche Spiel, die Pressefreiheit zu mißbrauchen, um das Heiligste anderer Menschen zu beleidigen, herabzuwürdigen und verächtlich zu machen, genauso. Auch Gott kann man morden – indem man ihm die Ehre nimmt. Das können wir nicht glauben? Wir sollten es wieder lernen.