WIEN. Der Beruf des Schulleiters hat in Wien massiv an Attraktivität verloren. Das geht aus der Beantwortung einer Anfrage des Grünen Landtagsabgeordneten Felix Stadler durch Bildungsstadträtin Bettina Emmerling (Neos) hervor. Demnach waren im vergangenen Schuljahr 27 Direktionen an Wiener Pflichtschulen zu besetzen – bei sechs davon hat sich gar niemand beworben.
Brisant ist, daß alle sechs betroffenen Schulen in Bezirken mit besonders hohem Migrantenanteil liegen – etwa in Favoriten, Ottakring, Brigittenau, Simmering und Rudolfsheim-Fünfhaus. Gerade in diesen Gegenden klagen Lehrer seit Jahren über Integrationsprobleme, Sprachbarrieren und steigende Gewaltvorfälle.
Schule ist seit acht Jahren ohne Leitung
Insgesamt werden laut Emmerling derzeit 37 Pflichtschulen in Wien bloß interimistisch geführt. Der Großteil davon seit mehr als einem Jahr, eine Schule in Rudolfsheim-Fünfhaus (55 Prozent Migranten) sogar seit 2017. Damit sind tausende Schüler seit Jahren ohne regulär bestellte Direktion.
Die Situation wird am Dienstag auch im Wiener Landtag thematisiert. In der Aktuellen Stunde steht das Thema „Land Wien und Bund: Hand in Hand für bessere Deutschförderung und faire Chancen!“ auf der Tagesordnung. Bildungsexperten erwarten eine Debatte über die Frage, wie die Attraktivität der Leitungsfunktionen an Brennpunktschulen wieder gesteigert werden kann.
Gesucht: Lehrer, der gut Türkisch spricht
Die JUNGE FREIHEIT berichtete bereits über eine andere Stellenausschreibung einer Volksschule im niederösterreichischen Baden. Die Bildungseinrichtung, die einer deutschen Grundschule entspricht, suchte dort einen Turnlehrer mit „sehr guten Türkischkenntnissen“. Das Bildungsministerium hat inzwischen eine Korrektur verlangt. Ausgeschrieben war eine Teilzeitstelle für Bewegung und Sport im Ausmaß von zwölf Wochenstunden. Neben abgeschlossenem oder laufendem Lehramtsstudium sollten Bewerber nicht nur über Deutsch- und Englischkenntnisse, sondern auch über „sehr gute Türkischkenntnisse in Wort und Schrift“ verfügen. (rr)