BERLIN. Sozial- und Seniorenverbände haben mit Empörung auf den Vorschlag des Präsidenten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, reagiert, ein „verpflichtendes soziales Jahr für alle Rentner“ einzuführen (JF berichtete)
Fratzscher hatte erklärt, die ältere Generation müsse sich gesellschaftlich „stärker einbringen“. Die Boomer-Generation habe zu wenig Kinder bekommen. „Wieso sollten ausschließlich die Jungen für diese Lebensentscheidungen der Babyboomer geradestehen?“, fragte er.
Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, wies den Vorstoß scharf zurück. „Wir sollten zur Abwechslung mal anerkennen, was ältere Menschen in diesem Land leisten, anstatt ihnen das Gefühl zu vermitteln, daß sie faul sind und der Gesellschaft auf der Tasche liegen.“ Viele Rentner pflegten Angehörige oder kümmerten sich um Enkel, andere engagierten sich in Vereinen. „Da braucht es kein verordnetes Pflichtjahr.“
Rentner werden gegen junge Leute ausgespielt
Auch der baden-württembergische Seniorenverband Öffentlicher Dienst kritisierte Fratzschers Überlegungen als „dümmlich“. Fast 44 Prozent der 65- bis 74jährigen seien ohnehin ehrenamtlich aktiv, so Landeschef Joachim Lautensack. Der Sozialverband Deutschland (SoVD) sprach von „Respektlosigkeit“. Millionen Menschen hätten weniger Kinder aus finanziellen Gründen bekommen. „Ihnen nun daraus einen Strick zu drehen, empfinden wir als respektlos“, erklärte SoVD-Chefin Michaela Engelmeier.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warnte zudem davor, mit solchen Ideen Generationen gegeneinander auszuspielen. Wer jahrzehntelang gearbeitet habe, habe seinen Ruhestand verdient, sagte Vorstandsmitglied Anja Piel. (rr)