PARIS. Die Olympischen Spiele in Paris sind nach dem Sieg der „männlichen“ Boxerin Lin Yu Ting aus Taiwan erneut von scharfem Protest erschüttert worden. Zunächst hatte sich die Empörung auf die Algerierin Imane Khelif konzentriert. Beide waren wegen Geschlechtstest von den vergangenen Weltmeisterschaften ausgeschlossen worden, dürfen aber bei Olympia starten.
Lin zog gestern gegen die Bulgarin Svetlana Staneva ins Halbfinale ein und hat damit mindestens die Bronzemedaille sicher. Denn nach dem Halbfinale gibt es keinen Kampf um Platz drei. Beide Verliererinnen erhalten Bronze.
Mit Zetteln gegen „männliche“ Boxerin
Nach der Niederlage nach Punkten formte Staneva mit ihren beiden Zeigefingern ein „X“ – soll heißen: Sie hat anders als ihre Konkurrentin kein männliches Y-Chromosom. Als er der Siegerin die Hand schüttelte, schaute der Trainer der Bulgarin, Borislav Georgiev, absichtlich beiseite. Danach ging er zu den anwesenden Journalisten und hielt ein DinA-4-Blatt hoch: „Ich bin XX. Rettet den Frauen-Boxsport.“ Betreuer Roman Tsvetkov präsentierte einen Zettel mit den Sätzen: „Ich will nur mit Frauen spielen. Ich bin XX.“
Georgiev sagte dann: „Es war ein absolut manipulierter Kampf! Wir hätten den Kampf klar gewinnen müssen. Aber die Punkterichter machen das, was sie machen sollen. Solange jemand die Unterstützung des IOC hat, wird ihr von allen Seiten geholfen. Es war ein reiner Raub!“
Die Siegerin stellte sich nur den taiwanischen Journalisten, die keinerlei Fragen zum Protest des gegnerischen Lagers und der eskalierenden Debatte um Männer im Frauensport stellten. Lin sagte: „Die gesamte Bevölkerung meines Landes unterstützt mich. Ich habe auch viele unterstützende Nachrichten erhalten. Das hält mich stark.“ (fh)