BERLIN. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hat sich dafür ausgesprochen, Bluttests auf Trisomie für Schwangere zur Kassenleistung zu machen. „Aus Sicht des Rates der EKD gelingt der Schutz von Ungeborenen am besten, wenn man verhindert, daß vorgeburtliche Tests, die ja längst verfügbar sind, ungeregelt genutzt werden“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Zugleich betonte Bedford-Strohm, daß Schwangere, die sich testen ließen, gleichzeitig das Angebot einer psychosozialen Beratung bekommen müßten, die sich für den Lebensschutz einsetzt. „Entscheidend ist für mich, daß wir am unbedingten Ziel festhalten, die Zahl der Abtreibungen zu minimieren.“
Die Katholische Kirche lehnt solche Tests ab. Gegenüber den Stuttgarter Nachrichten äußerte der Leiter des Berliner Büros der Deutschen Bischofskonferenz, Prälat Karl Jüsten: „Wir appellieren an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, keine Beschlüsse zu fassen, die im Resultat dazu geeignet sind, die Zahl der Abtreibungen zu erhöhen.“ Denn alle diese Tests zielten auf die Feststellung einer Behinderung. Damit werde stets die Frage aufgeworfen, ob ein behindertes Kind eine Lebenschance erhalte oder nicht.
Bluttests kosten bisher 130 Euro
Jüsten stellte klar: „Die Kirche unterscheidet aber niemals zwischen lebenswert und nicht lebenswert. Deshalb lehnt sie alle Tests ab, die zum Ziel die Selektion haben.“
Für die Übernahme der Kosten durch die Krankenkassen sprach sich die FDP-Bundestagsabgeordnete Katrin Helling-Plahr aus, die für ihre Partei im Gesundheitsausschuß sitzt. „Warum ein besseres Verfahren für diese Tests nun plötzlich ethische Fragen aufwerfen soll, erschließt sich mir nicht“, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. Die Chance auf risikolose Tests dürfe nicht vom Geldbeutel abhängen.
Bisher durchgeführte Fruchtwasseruntersuchungen bergen höhere medizinische Risiken als ein Bluttest. Der seit 2012 zur Verfügung stehende Bluttest zur Feststellung einer Behinderung bei ungeborenen Kindern kostet bislang 130 Euro.
Petition gegen Kostenübernahme sammelt Unterschriften
Behindertenrechts-Aktivisten protestierten am Mittwoch in Berlin gegen die Bluttests als Kassenleistung. Eine Petition mit dem Titel „Menschen mit Down-Syndrom sollen nicht aussortiert werden“ sammelte bereits über 14.000 Unterschriften. Die Initiatorin des Aufrufs befürchtet, daß durch kostenlose Bluttests die Zahl der Abtreibungen steigen würden, berichtet der Deutschlandfunk.
Der Bundestag diskutiert am Donnerstag über das Thema. Über 100 Abgeordnete hatten sich fraktionsübergreifend dafür engagiert, ethische Fragen und mögliche Konsequenzen aus der Gendiagnostik zu klären. Beschlüsse sollen noch nicht gefaßt werden.
Die FDP hatte Anfang April mit einem Tweet für Aufregung gesorgt, in dem sie die Kostenübernahme durch die Kassen gefordert hatte. Lebensschützer kritisierten die Partei dafür scharf. (ag)