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Ernüchterung an der Weser

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Ernüchterung an der Weser

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Bremen hat gewählt und hat die Volksparteien abgestraft. In der Phase einer im Bund regierenden Großen Koalition folgt es einer gewissen Gesetzmäßigkeit, daß die kleinen Parteien gestärkt werden und insbesondere die politischen Ränder profitieren. An der Weser kann die FDP so nach zwölf Jahren erstmals wieder eine Fraktion in der Bürgerschaft stellen, und die Grünen errangen mit 16,4 Prozent ihr historisches Spitzenergebnis auf Landesebene. Bundespolitisch bedeutend ist das Abschneiden der Linkspartei, die gestärkt durch die vereinbarte Fusion mit der WASG vor allem auf Kosten der SPD mit 8,4 Prozent erstmals in einem westdeutschen Landesparlament eine Fraktion stellt. Damit haben die Wähler zu fast 62 Prozent einen Linksblock aus SPD, Grünen und Linkspartei gewählt, der 2003 noch 5 Prozent weniger erhalten hatte. Angesichts der Großen Koalition auf Bundesebene ist fraglich, ob die SPD jetzt zum rot-grünen Modell zurückkehrt – es sei denn, sie sucht den geordneten Einstieg in den Ausstieg aus der Liaison mit der CDU, die derzeit ein pflegeleichter und bequemer Koalitionspartner ist. Lafontaine verfolgt mit Gysi jedenfalls mit eisernem Willen die weitere Abspaltung des linken Flügels der SPD – mit Erfolg. Schon kursieren Gerüchte über weitere Abtrünnige, die angesichts einer nun auch im Westen erfolgreichen einheitlichen Linkspartei der Baracke von der Fahne gehen wollen. Die Linkspartei schöpft offensichtlich auch einen erheblichen Teil des Protestpotentials ab, den noch in den neunziger Jahren rechtspopulistische Parteien wie Republikaner oder DVU bündeln konnten. Rechte Gruppierungen spielen bis auf die – nur aufgrund des Bremer Sonderfalls Bremerhaven – mit einem Mann weiter vertretene DVU keine Rolle. Zwar addieren sich die Ergebnisse rechter Splitterparteien auf fast sechs Prozent, doch es bleibt dabei, daß sich diese Zahl fünf Gruppen – einig in ihrer Zerstrittenheit – untereinander aufteilten. Mit desillusionierenden 1,6 Prozent erlitt auch die rechtspopulistische Formation „Bremen muß leben“ (BML) eine „schwere Wahlniederlage“, so BML-Chef Siegerist über sein Ergebnis, nachdem ihm Wahlforscher und Demoskopen noch Wochen vor der Wahl einen Überraschungserfolg zugetraut hatten. Sympathisanten und Anhänger der Idee einer demokratischen, rechten Alternative zu den Unions-Parteien sind nun erneut ernüchtert, weshalb immer wieder mit mehreren vergleichbaren, konkurrierenden Gruppierungen erfolglos um den Einzug in die Parlamente gerungen wird. Wie man an der Berichterstattung über die Linkspartei aber sehen kann: Ein solches Projekt muß – obwohl es auf wütende Abwehr seitens der regierenden SPD trifft – nicht ernsthaft damit rechnen, von linken bis bürgerlichen Medien in der Berichterstattung boykottiert und in Ausübung seiner Rechte behindert zu werden. Es werden auch keine Hotels gekündigt oder Werbeanzeigen abgelehnt. Im Gegenteil: Über linke Alternativen wird mit Wohlwollen, wenigstens neutral berichtet – selbst wenn sie mit Kommunisten paktieren. Eine konservative, rechte Formation muß hingegen von vornherein gegen eine eisige Mauer des Schweigens kämpfen. Daran wird sich auch künftig wenig ändern.

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