Die brutale Gewalt gegen christliche Einrichtungen im Zuge der islamischen Empörung um die Mohammed-Karikaturen brachte in die Wohnzimmer, was sonst kaum TV-Beachtung findet. Dabei ist die Verfolgung christlicher Minderheiten in vielen Ländern kein neuartiges Phänomen. Expertenmeinungen zufolge dürfen weltweit um die 200 Millionen ihren Glauben nicht frei leben (siehe Seite 6 und 7). Parallel dazu werden jährlich bis zu 175.000 Christen kriminalisiert, gefoltert oder getötet. Um dem entgegenzutreten und den Opfern zu helfen, gibt es einige christliche Organisationen, die sich in den verschiedensten Erdteilen engagieren. Im Verborgenen und gegen den Willen der Regierungen Die politisch als auch kirchlich unabhängige deutsche Hilfsaktion Märtyrerkirche e.V. (HMK) ist eine davon. Neben vielen internationalen Schwesterorganisationen (siehe Stichwortkasten) wurde sie 1969 in Deutschland gegründet. Gründervater der HMK war der lutherische Pfarrer Richard Wurmbrand (1909-2001). Wurmbrand verbrachte aufgrund seiner Arbeit für die Untergrundkirche im kommunistischen Rumänien insgesamt 14 Jahre seines Lebens in Haft. Er wurde 1965 freigekauft und begann fortan, mit Vorträgen und Predigten auf die Situation der Christen unter dem Kommunismus aufmerksam zu machen. Sein Werk „Gefoltert für Christus“, in dem Wurmbrand über seine Hafterlebnisse schrieb, wurde zu einem in 65 Sprachen übersetzten Klassiker. Auf der Basis des Apostolischen Glaubensbekenntnisses hilft die Hilfsaktion Märtyrerkirche nun seit über 35 Jahren direkt und unterstützt – oftmals im Verborgenen und gegen den Willen der jeweiligen Regierung – Christen verschiedenster Konfessionen, die wegen ihres Bekenntnisses Leid, Verfolgung und Demütigung ertragen müssen. Der Wirkungskreis der ausschließlich aus Spenden finanzierten deutschen Hilfsaktion reicht von der Volksrepublik China über Länder des ehemaligen Warschauer Paktes bis hin zu den islamischen Staaten des Nahen Ostens, am Persischen Golf sowie Ländern in Afrika. In Nigeria etwa, dem bevölkerungsreichsten Land Afrikas, treibt die Wiedereinführung der islamischen Scharia-Strafgesetzgebung (1999) in zwölf nördlichen Bundesstaaten die christliche Minderheit in die Enge. Diese Re-Islamisierung trägt immer öfter zu gewalttätigen Übergriffen gegen Christen bei. Zurück bleibt oftmals nur verbrannte Erde. Hier sieht sich die HMK in der Pflicht und unterstützt die Arbeit des Catholic Institute for Development, Justice and Peace (CIDJAP). Das CIDJAP hilft christlichen Familien, die durch extremistische Übergriffe ihrer Lebensgrundlagen beraubt wurden, und hat sich zum Ziel gesetzt, das nachbarschaftliche Zusammenleben von Christen und Muslimen vor Ort zu fördern respektive erst wieder zu ermöglichen. Auch im asiatischen Pakistan steht es im nachbarschaftlichen Zusammenleben von Christen und Muslimen nicht immer zum Besten. Im Schatten des Kaschmir-Konfliktes kommt es vielfach zu muslimischen Übergriffen auf Christen. Und ähnlich wie in Nigeria leistet hier die HMK in Kooperation mit der lokalen Organisation Center for Legal Aid Assistance and Settlement (CLAAS) direkte Hilfe. CLAAS verhilft religiös Verfolgten zu Rechtsbeistand. Was nicht einfach ist. Denn, so die HMK, die „Verteidigung in Gerichtsverfahren ist für Christen in Pakistan nicht nur ein finanzielles Problem: Christen und Hindus dürfen in letzter Instanz nur von muslimischen Anwälten vertreten werden, die aus Angst vor Repressionen dazu aber nur selten bereit sind. Deshalb bildet CLAAS in der neu gegründeten Juristenschule die so dringend benötigten christlichen Rechtsanwälte aus, so daß wenigstens in allen möglichen Positionen christliche Anwälte etabliert werden können.“ Weniger um rechtlichen Beistand als um die nackte Existenz kämpfen dagegen die Christen im Irak. In dem kriegsgeplagten Land zwischen Euphrat und Tigris standen und stehen die rund 800.000 chaldäischen und assyrischen Christen unter starkem Verfolgungsdruck. Oftmals gelten sie gar als „Kreuzzugs“-Kollaborateure der US-Invasion. In der jüngsten Vergangenheit bildeten Bombenanschläge auf Kirchen in Bagdad und im kurdischen Mossul den vorläufigen Höhepunkt in der Serie von Gewaltakten. Als Folge der Ereignisse sind bereits circa 40.000 Christen aus dem Irak in den Libanon oder nach Syrien geflohen. Auch hier setzt die Hilfe der deutschen Sektion der „Hilfsaktion Märtyrerkirche“ an. In Zusammenarbeit mit dem „Jordan Evangelical Committee for Relief and Development“ beteiligt sie sich an den Kosten des Wiederaufbaus christlicher Schulen und Kindergärten im irakischen Kirkuk, Mossul, Bagdad und Basra. Auch die aus dem Irak geflohene Christen erhalten über christliche Gemeinden in Jordanien, im Libanon und in Syrien Hilfe der HMK: „Eier, Reis, Mehl, Zucker, Bohnen, Seife, Süßigkeiten für die Kinder – Tausende Menschen müssen versorgt werden, Tag für Tag. Wer gebrechlich wird, kann sich darauf verlassen, gepflegt zu werden. Doch die Männer, die es gewohnt sind, mit harter Arbeit ihr Brot zu verdienen, suchen verzweifelt nach Arbeit. Nicht selten werden sie hochmütig abgewiesen. Nach Monaten entsteht ein Gefühl der Überflüssigkeit. Niemand braucht einen, niemand hat auf die Flüchtlinge gewartet. Hier kann nur einfühlsame Seelsorge helfen, wie sie die vielen Geistlichen tun. Zu ihnen zählt Pastor Ebrahim Samara aus Damaskus. In seiner evangelischen Nazareth-Gemeinde drängen sich die Flüchtlinge, die um Hilfe bitten.“ Doch der HMK geht es nicht allein um die Opferbetreuung. Ihre Aktivitäten sind vielfältiger. So finanziert sie gemeinsam mit ihren englischen und niederländischen Schwesterorganisationen eine geheime Lebens- und Glaubensschule in China. Der HMK zufolge werden dort zwischen 40 und 50 junge Menschen für den Gemeindedienst ausgebildet. In zwei Abschnitten von je zehn Monaten Unterricht und einem Monat Praktikum in einer Gemeinde werden die jungen Leute „intensiv vorbereitet, auch auf eventuelle Gefängnisaufenthalte“. Parallel dazu errichtete die HMK im rumänischen Pascani das Kinderheim AGAPE und unterstützt – „aus Sorge, daß die Christen durch buddhistische Beamte und hinduistische Rebellen bei der Spendenverteilung benachteiligt werden“ – in Sri Lanka die christlichen Flutopfer. Verstoß gegen das Gebot der Nächstenliebe Nichtsdestotrotz stehen derzeit gerade die Bruchlinien zwischen Islam und Christentum im Fokus. Und so erklärte der Geschäftsführer der HMK, Klaus-Reiner Latk, seine Sicht der Dinge: „Wir bemühen uns sehr, mit unseren Berichten über die verfolgten, geschundenen oder getöteten Christen in islamischen Ländern nicht Muslime zu verklagen. Das verstieße gegen das Gebot der Nächstenliebe. Wir schildern die Situation unserer Glaubensgeschwister, um Hilfe zu organisieren, um den angerichteten Schaden zu lindern. Aber vielleicht empfinden die Muslime unsere Hilfe für die Opfer der Christenverfolgung auch als Provokation, wie eine Karikatur von Mohammed.“ Die HMK gibt monatlich die „Stimme der Märtyrer“ heraus. Weitere Infos: www.h-m-k.org oderbei der HMK, Tüfinger Str.3, 88690 Uhldingen-Mühlhofen, Tel.: 0 75 56 / 92 11-0 Foto: Im Schatten des Kaschmir-Konflikts zwischen Indien und Pakistan: Trauerfeier für die 14 Opfer eines Terrorangriffs auf eine Kirche im pakistanischen Bahawalpur im Jahr 2002 Stichwort: Christliche Hilfsorganisationen Zur besseren Koordinierung der Hilfe hat sich die deutsche Hilfsaktion Märtyrerkirche mit ihren dreizehn Schwesterorganisationen unter dem Dach der International Christian Association zusammengefunden. Dazu zählen The Voice of the Martyrs (Australien, Kanada, Neuseeland, USA), Hulp Aan De Verdrukte Kerk (Belgien), A Voz De Los Martires (Brasilien), La Voz De Los Martires (Costa Rica), Stefanus-Lahetys Ry (Finnland), Release International (Großbritannien), Stichting De Ondergrondse Kerk (Niederlande), Missionen Martyrernas Rost (Schweden), Christian Mission International (Südafrika) und Pomoc pronasledovane Cirkvi (Tschechien). Neben der Märtyrerkirche kümmern sich in Deutschland u.a. folgende Organisationen um verfolgte Christen: Christian Solidarity International-Deutschland (CSI), das Aktionskomitee für verfolgte Christen (AVC), Open Doors, Licht im Osten, Kirche in Not.