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Eilmeldung: Haldenwang als Verfassungsschutzchef zurückgetreten

Eilmeldung: Haldenwang als Verfassungsschutzchef zurückgetreten

Eilmeldung: Haldenwang als Verfassungsschutzchef zurückgetreten

Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV): Will nun für die CDU in den Bundestag einziehen. (Themenbild)
Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV): Will nun für die CDU in den Bundestag einziehen. (Themenbild)
Thomas Haldenwang: Lieber Bundestag als Bundesamt. Foto: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld
Eilmeldung
 

Haldenwang als Verfassungsschutzchef zurückgetreten

Thomas Haldenwang ist nicht länger Chef des Bundesverfassungsschutzes. Hintergrund ist offenbar seine geplante Kandidatur für den Bundestag.
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BERLIN. Thomas Haldenwang ist nicht länger Chef des Bundeamtes für Verfassungsschutz (BfV). Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) informierte darüber am Mittwoch den Innenausschuß des Bundestages. Eine Sprecherin des Inlandsgeheimdienst sagte auf Anfrage der JF, ihr sei von einem Rücktritt ihres Chefs noch nichts bekannt. Die Behörde soll nun durch die beiden Vize-Chefs Sinan Selen und Silke Willems geleitet werden.

„Das bisherige Amt des BfV-Präsidenten gilt es klar zu trennen von einer Kandidatur für den Deutschen Bundestag“, sagte ein Sprecher des Innenministeriums der dpa. Hintergrund ist offenbar eine angestrebte Bundestagskandidatur des Politikers für die CDU, deren Mitglied er auch seit Jahren ist.

Heftige Kritik an CDU-Kandidatur

Im Vorfeld hatte es heftige Kritik an Haldenwangs angekündigter Bundestagskandidatur gegeben. So bezeichnete etwa der Staatsrechtler Volker Boehme-Neßler den Vorgang als „Mißbrauch der Verfassung“. SPD und Grüne liebäugelten mit einem AfD-Verbot, während der aktuelle Leiter des Inlandsgeheimdienstes die Partei seit längerem unter Druck setze. „Wird der stets willfährige Verfassungsschutzpräsident jetzt mit einem Mandat belohnt? Unfaßbar! Ein politischer Konkurrent soll mit juristischen Mitteln aus dem Weg geräumt werden“, monierte Boehme-Neßler auf X.

Der Leiter der Forschungsstelle Arbeitsrecht an der Hochschule Ludwigsburg, Arnd Diringer, schätzt die Lage ähnlich ein. Haldenwang habe stets im Sinne der Ampel-Regierung gegen die Meinungsfreiheit gekämpft. Seine Kandidatur zerstöre „viel von der Hoffnung auf einen Neuanfang im Sinne der Rechts- und Werteordnung unseres Grundgesetzes“.

„Desaster für den Ruf des Verfassungsschutzes“

Für Entsetzen sorgte Haldenwangs Kandidatur auch in der Presse. So titelt etwa der Stern: „Der AfD-Mitarbeiter des Monats heißt Thomas Haldenwang.“ Darin kritisiert der Autor Martin Debes die „späte politische Selbstverwirklichung“ des Amtschefs scharf: „Was für ein Wahlkampfgeschenk an die AfD!“

Ähnlich kommentiert Lenz Jacobsen für die Zeit Haldenwangs Vorgehen: „Dieser geplante Wechsel in den Bundestag ist ein Desaster für den Ruf des Verfassungsschutzes. Er schadet dem Amt.“ Mit Blick auf die CDU wirft er die Frage in den Raum, wieso niemand Haldenwang diese Entscheidung ausreden wollte oder konnte. Es sei eine „eklatante politische Instinktlosigkeit“, faßt Jacobsen zusammen.

Haldenwang-Kandidatur nutzt AfD

Für die Welt greift der Investigativjournalist Tim Röhn zur Feder. Haldenwangs Kandidatur sei „ein unverschämter Schritt, der seinesgleichen sucht. Ein Geheimdienst-Chef, der – qua Amt – mit nachrichtendienstlichen Mitteln Erkenntnisse über politische Gegner sammelt – und nun gegen sie antritt.“ Dabei würde sich die Frage stellen: Nutzt Haldenwang nun sein Wissen im Wahlkampf?

Aus seiner Ankündigung gehe niemand als Gewinner hervor, „bis auf die AfD natürlich, die Haldenwang stets vorwarf, eine persönliche Agenda zu verfolgen und seine Kompetenzen zu überschreiten“. Diesen Vorwurf könne nun niemand mehr leugnen, resümiert Röhn.

Vorgänger war migrationskritisch

Haldenwang hatte noch im Oktober angekündigt, den Beobachtungsstatus der Bundes-AfD überprüfen zu wollen. Aufgrund der geplanten Neuwahlen im Februar kommenden Jahres wird jedoch erwartet, daß vorher keine Entscheidung getroffen wird. Kritiker hatten moniert, daß die Einstufung einer Partei so kurz vor einer Wahl die Chancengleichheit gefährden würde.

Am Dienstag kündigte der Chef des Geheimdienstes an, bei der kommenden Bundestagswahl für die Union anzutreten. Er soll Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) über seine geplante Kandidatur informiert haben, wie der Spiegel berichtete.

Haldenwang hatte das Präsidentenamt im November 2018 übernommen. Sein Vorgänger Hans-Georg Maaßen war zuvor vom damaligen Innenminister Horst Seehofer (CSU) aus dem Amt entfernt worden, nachdem Maaßen im Anschluß an eine Reihe migrationskritischer Proteste im sächsischen Chemnitz darauf hingewiesen hatte, daß es für die von Pressevertretern aufgestellte Behauptung, dort habe es „Hetzjagden“ auf Migranten gegeben, keine Beweise gebe.

Haldenwang erfand neue Deliktarten

Nach seiner Amtsübernahme legte Haldenwang einen verstärkten Fokus auf die Beobachtung der politischen Rechten. So stufte er etwa die AfD ab März 2021 als „rechtsextremen Verdachtsfall“ ein.

Im April 2021 wurde unter Haldenwangs Amtsführung zudem ein neues Beobachtungsfeld eingeführt: Unter dem Schlagwort „Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ werden seitdem Organisationen oder Personen beobachtet, die nach Auffassung der Behörde eine „systematische Verunglimpfung und Verächtlichmachung des auf der freiheitlichen demokratischen Grundordnung basierenden Staates und seiner Institutionen beziehungsweise Repräsentanten“ betreiben. In dieser Rubrik werden in erster Linie Kritiker der Corona-Maßnahmen aufgeführt.

Als nicht extremistisch stufte er hingegen die Klimaradikalen „Letzte Generation ein“, die seit 2021 eine Reihe von Straftaten in Deutschland beging. Daß die Organisation den Staat zum Handeln auffordere, sei ein Zeichen, daß die Gruppe den Staat respektiere, sagte Haldenwang im November 2022. (sv/lb/st/ho)

Thomas Haldenwang: Lieber Bundestag als Bundesamt. Foto: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld
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