BERLIN. EU-Kommissar László Andor hat die Debatte über Sozialleistungen für EU-Ausländer in Deutschland kritisiert. „Skrupellose Populisten“ schlügen aus den Ängsten der Bevölkerung Kapital, warnte Andor gegenüber Spiegel Online. „Wahlzeiten oder Wirtschaftskrisen machen es Populisten sehr einfach, auf Migranten einzuhauen.“
Sie beschuldigten die EU, bestimmte Länder aufgenommen zu haben. Sehr oft entspringe das einem Überlegenheitsgefühl: „Weil wir ein Hochlohnland sind, können wir anderen sagen, wo ihr Platz ist. Das ist sehr weit entfernt von Geist und Gesetz der EU“, kritisierte der für Soziales und Integration zuständige EU-Kommissar.
Er wolle gewisse Probleme auch nicht leugnen, sagte Andor. Aber die Freizügigkeit sei ein Grundrecht und gelte für jeden EU-Bürger. Alle profitierten von dieser Mobilität: Die Unternehmen, die sonst keine Arbeitskräfte fänden. Die Entsendeländer, da viele der Arbeiter einen Gutteil ihres Lohns nach Hause schickten und später mit mehr Berufserfahrung zurückkämen. Und in den Gastländern sei es eine Tatsache, daß die Jahreswirtschaftsleistung schneller wachse.
„Deutschland ist ein großer Gewinner der Freizügigkeit“
„Auch die Sozialhaushalte werden gestärkt, weil die ausländischen Arbeiter mehr Steuern zahlen als sie Sozialleistungen erhalten“, unterstrich der ungarische Sozialist. „Wenn ein Land wie Deutschland bereits ein großer Gewinner der Freizügigkeit ist, finde ich es moralisch verwerflich, wenn versucht wird, die Sozialausgaben auf Kosten von EU-Bürgern aus anderen Ländern so stark wie möglich abzusenken.“
Die EU-Kommission besteht darauf, daß alle EU-Ausländer in Deutschland Anspruch auf Sozialleistungen haben. In der Großen Koalition herrscht in dieser Frage Uneinigkeit. So hatte die CSU Anfang des Jahres ein Papier zur Europawahl vorgelegt, in dem sie eine härtere Gangart gegen ausländische Sozialbetrüger fordert. Unter dem Motto „Wer betrügt, fliegt“ sprach sich die Partei unter anderem dafür aus, arbeitssuchenden Ausländern in den ersten drei Monaten keine Sozialleistungen zu zahlen. Zudem sollen Sozialbetrüger mit einem Einreiseverbot belegt werden. (krk)