ESSEN. Einem Mann aus Hattingen wird der vierfache Mordversuch an seiner Familie vorgeworfen. Der 38jährige Mehmet Ö. hatte im Dezember 2012 seine 45jährige Ehefrau sowie die drei gemeinsamen Kinder mit einem Messer angegriffen und lebensgefährlich verletzt. Laut Staatsanwaltschaft sei dem Familienvater die Lebensweise seiner Angehörigen zu westlich gewesen, berichtet die Mediengruppe Der Westen.
Laut Anklage war der Streit um einen Scheck über 190 Euro, den die zwanzigjährige Tochter eingelöst hatte, Auslöser für die Bluttat. Erst habe Mehmet Ö. die Tochter beiseite genommen, dann auf sie eingestochen. Auch den 17jährigen Sohn und die 21jährigen Tochter, die ihrer Schwester zu Hilfe kamen, griff der Angeklagte mit dem Messer an. Es war, „wie wenn er ein Lamm schlachtet“, berichtet die Mutter, die selbst schwer verletzt wurde. Erst als der Sohn und ein Nachbar sich gleichfalls mit Messern zur Wehr setzten, habe Mehmet Ö. aufgehört.
Verurteilung nur wegen gefährlicher Körperverletzung?
Staatsanwalt Joachim Lichtinghagen sprach vor dem Essener Landgericht von einem langanhaltenden Wertekonflikt. Dem Vater sei der Lebensstil seiner Familie zu freizügig und westlich gewesen. Der Anwalt des Angeklagten, Gregor Hanisch, räumte die Tat ein. Allerdings bestritt der Jurist die Heimtücke und die niederen Beweggründe der Tat. Auch habe der Angeklagte selbst von seiner Tötungsabsicht Abstand genommen. Die Tat wäre damit als gefährliche Körperverletzung zu bewerten.
Mehmet Ö. selbst schweigt zu den Vorwürfen. Die Mutter ist inzwischen mit ihren Kindern untergetaucht. Laut einem Zeugen hätten kurdische Verwandte sie bedrängt, den Angeklagten nicht zu belasten. Auch in der Gerichtspause soll es nach dem Bericht zu Tumulten gekommen sein. Der vorsitzende Richter Andreas Labentz ermahnte die Zuhörer, die Zeugen in Ruhe zu lassen. In der Vergangenheit kam es bei sogenannten „Ehrenmorden“ öfter zu vergleichsweise milden Gerichtsurteilen. (FA)