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Rumänien: Rechter Überraschungssieger Georgescu: Mit TikTok zum Sieg

Rumänien: Rechter Überraschungssieger Georgescu: Mit TikTok zum Sieg

Rumänien: Rechter Überraschungssieger Georgescu: Mit TikTok zum Sieg

Rechter Wahlsieger Călin Georgescu. Gewinnt Calin Georgescu die Wahl zum Präsidenten? Hier in Izvorani, Rumänien, am 26. Nov. 2024, Foto: picture alliance/dpa, AP, Vadim Ghirda
Rechter Wahlsieger Călin Georgescu. Gewinnt Calin Georgescu die Wahl zum Präsidenten? Hier in Izvorani, Rumänien, am 26. Nov. 2024, Foto: picture alliance/dpa, AP, Vadim Ghirda
Călin Georgescu: Ohrfeige für die Regierung, Denkzettel für die Etablierten, Foto: picture alliance/dpa, AP, Vadim Ghirda
Rumänien
 

Rechter Überraschungssieger Georgescu: Mit TikTok zum Sieg

Schock und Entsetzen in Rumänien: Völlig überraschend hat der politische Außenseiter Călin Georgescu alle Kandidaten der etablierten Parteien überholt und die Wahl gewonnen. Die Aufregung ist groß: Wird der Rechtsaußen nun Präsident?
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„Wahrheit, Freiheit, Souveränität“ sollen die Pfeiler des künftigen Rumäniens sein. Drei Begriffe, die in dem Balkanland hoch im Kurs stehen. Daß sie aber das Gewicht haben, den parteilosen „Rechtsextremisten“ (Spiegel) und „TikTok-Faschisten“ (taz) Călin Georgescu die erste Runde der Präsidentenwahl mit knapp 23 Prozent klar gewinnen lassen, hat alle überrascht. Selbst die Bukarester Deutsche Allgemeine Zeitung fragt: „Wer ist Georgescu?“ Offenbar ticken die Rumänen anders, als Journalisten und Wahlforscher glauben, denn keine Umfrage hatte ihn unter den führenden Fünf gesehen.

Von einer „schallenden Ohrfeige“ für die von den (neokommunistischen) Sozialdemokraten geführte Koalition ist die Rede und von „einem Denkzettel für die Polit-Elite, die ihr eigenes Drehbuch für die Wahl entworfen“ habe. Die Tageszeitung Adevărul erklärt das Ergebnis so: „Sollten Georgescus Wähler vier, fünf Punkte seines Programms nennen, könnten sie das nicht. Warum? Es ist ihnen unbekannt. Sie haben ihn nur auf TikTok reden gehört und dann gewählt.“

Tatsächlich dürfte der Überraschungssieger die meisten Wähler so erreicht haben. „Er hat sich mittels sozialer Netzwerke in einem Vakuum sichtbar gemacht“, analysiert der Bukarester Politikberater Cristian Andrei, „in dem viele Rumänen den Kontakt zu den Parteien, zumindest aber zur Elite verloren haben.“

Mit Hitler verbündete Politiker als Nationalhelden

Der 1962 in Bukarest geborene Sohn eines Agraringenieurs und Vater dreier Kinder studierte Landwirtschaft und arbeitete nach der Revolution von 1989 auf diversen Posten im Umwelt- und Außenministerium, vertrat sein Land zwischen 1999 und 2012 beim Uno-Umweltprogramm. Mehrfach schon wurde er, der die Unterstützung der Orthodoxen Kirche genießt, die seine Flugblätter auslegt, als Ministerpräsident vorgeschlagen.

Die Konrad-Adenauer-Stiftung verweist darauf, daß besonders an Universitäten seit Jahren „rechtsextreme faschistische Haltungen Fuß fassen“. Georgescu bedient diese Narrative, indem er in nationalistischen, antisemitischen und mit Hitler verbündeten rumänischen Führern der dreißiger und vierziger Jahre wie Ion Antonescu oder den Führer der berüchtigten „Eisernen Garde“ (auch „Legion Erzengel Michael“) Corneliu Codreanu Nationalhelden sieht. Der als rechtsextrem geltenden Allianz für die Einheit der Rumänen (AUR), die bei der letzten Parlamentswahl 2020 neun Prozent erzielte, gehörte er an, bis er sich 2022 mit Parteiführern überwarf, die seine prorussische Haltung kritisierten. Die Ukraine, in der durch willkürliche Grenzziehung eine starke rumänische Minderheit lebt, hatte er einen „erfundenen Staat“ genannt.

Sorge der Rumänen um ihre Souveränität

Im Westen ist die Sorge groß, ein endgültiger Sieg Georgescus könne schlimme „Folgen für die Zukunft des Landes, die europäische Sicherheit und Verteidigung der Nato-Ostflanke haben“. Das ist zwar maßlos übertrieben, rechtfertigt aber die Sorge der Rumänen um ihre Souveränität. Nicht allen gefällt, daß man ukrainische Soldaten ausbildet.

Ein Denkfabrikexperte nannte als sichtbarstes Thema im Wahlkampf den Frieden, also die Unterstützung der Ukraine einzustellen, um nicht in den Krieg verwickelt zu werden. Doch betont Georgescu auf seiner Netzseite, man werde seine Pflicht gegenüber Nato und EU erfüllen – doch nur in dem Maße, wie diese ihre „Verpflichtungen gegenüber Rumänien“ einhalten. Auch müsse man eine „konsequentere Rolle“ in internationalen Fragen spielen.

Als Präsident wäre Georgescu Oberbefehlshaber der Armee, vor allem aber nominiert er den Ministerpräsidenten, also den Regierungschef, den allerdings das Parlament, das am Sonntag ebenfalls neu gewählt wurde (mit chaotischem Ausgang), zu bestätigen hat.

Gelingt es am 8. Dezember, Georgescu zu stoppen?

Alles hängt nun von der Stichwahl am kommenden Sonntag ab: Denn Georgescu konnte sich zwar mit 22,9 Prozent überraschend vor den eigentlichen Favoriten, dem Sozialdemokraten Marcel Ciolacu (PSD) und Elena Lasconi von der liberalen USR (beide je 19 Prozent) sowie dem AUR-Kandidaten George Simion (13,8 Prozent) platzieren, erreichte jedoch nicht die absolute Mehrheit. Da Lasconi mit 19,18 Prozent um Haaresbreite vor Ciolacu mit 19,15 Prozent liegt, wird sie nun Georgescu herausfordern.

Dabei geht es um die Nachfolge des bisherigen liberal-konservativen und rumäniendeutschen Präsidenten Klaus Johannis (PNL), einem Siebenbürger Sachsen, der seit 2014 im Amt ist und daher laut Verfassung nicht erneut antreten darf. Die spannende Frage ist, ob es den Etablierten, die sich dafür hinter Lasconi zusammentun werden, gelingt, Georgescu in der zweiten Runde am 8. Dezember doch noch zu stoppen.

Aus der JF-Ausgabe 49/24

Călin Georgescu: Ohrfeige für die Regierung, Denkzettel für die Etablierten, Foto: picture alliance/dpa, AP, Vadim Ghirda
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