Was gab es nicht alles für Versprechungen vor Einführung des Euro: Die europäische Gemeinschaftswährung werde so stabil wie die D-Mark, niemand müsse für die Schulden anderer einstehen (No-Bailout), die Europäische Zentralbank (EZB) sei nur eine Art erweiterte Bundesbank – und wie diese politisch unabhängig und allein der Geldwertstabilität verpflichtet.
Daß letzteres ebenso nicht mehr gilt wie all die anderen Euro-Verheißungen, wurde am Donnerstag überdeutlich – die EZB hat die Leitzinsen erneut gesenkt. Der Hauptrefinanzierungssatz, zu dem sich Banken Geld von der EZB leihen können, wurde nun von 1,0 auf nur noch 0,75 Prozent reduziert, den niedrigsten Wert seit der Euro-Einführung als Buchgeld 1999. Auch der Zins für kurzfristige Liquiditätshilfen der EZB (Spitzenrefinanzierungssatz) fällt von 1,75 auf 1,5 Prozent.
Hart erarbeitetes Erspartes schmilzt dahin
Dabei wäre angesichts einer offiziellen Inflationsrate von 2,4 Prozent im Euro-Raum eher eine Beibehaltung des Zinsnivaus oder gar eine Zinserhöhung angesagt gewesen, würde man der tatsächlich der Geldwertstabilität verpflichtet sein. Seit der Finanz- und der nachfolgenden Euro-Krise gilt all dies längst nicht mehr.
Zugleich wurde auch der Zinssatz, den Banken für Übernachteinlagen bei der EZB bekommen, reduziert – von 0,25 Prozent auf Null. Letzteres hat ganz praktische Auswirkungen, etwa für Sparer. Der Einlagesatz ist nämlich auch eine Art Orientierung für die gebotenen Sparzinsen bei Banken und Sparkassen.
Sparer müssen nun mit einer erneuten Absenkung ihrer ohnehin mageren Sparzinsen rechnen. Schon heute bekommen deutsche Sparer für ihr Tagesgeld im Schnitt lediglich 1,3 bis 1,4 Prozent Zinsen. Angesichts einer Inflationsrate von über zwei Prozent bedeutet dies: Jeden Monat schmilzt ihr hart erarbeitetes Geld weiter dahin. Das ist eine schleichende Enteigung – doch angesichts der exorbitanten privaten wie öffentliche Verschuldung ist es genauso gewollt: Die Sparer sollen für das verantwortungslose Handeln von Finanzwirtschaft und Politik zahlen.