Wer Deutschland oder die deutschen Farben haßt, geht momentan schweren Zeiten entgegen. Derzeit kommt man an der Fußballweltmeisterschaft nicht mehr vorbei – in jedem Super- oder Elektromarkt, überall ist „schwarzrotgold“ geschmückt. Es scheint, als müsse jeder Gewerbetreibende mit der Weltmeisterschaft werben, um beim Kunden „am Ball“ zu bleiben.
Zudem kann sich der gemeine Fernseh- oder Volksgemeinschaftsfußballfan (Stichwort: „Public Viewing“) nahezu überall mit Fanartikeln eindecken – und man kann den kompletten Tag in Schwarz-Rot-Gold erleben! Wir befinden uns im Schlaraffenland für Fans der Fußballnationalmannschaft!
Früh wird man vom WM-Wecker geweckt und erhebt sich aus der schwarz-rot-goldenen Bettwäsche und dem Fifa-Kissen. Nach der Dusche benutzt man das Parfüm „Germany 2010 for him“ (für sie natürlich „for her“), in dem „ozeanisches Aqua und weißer Moschus zu einer unnachahmlichen Duftwirkung verschmelzen“.
Deutschland-Marmelade zum WM-Frühstück
Schnell noch die WM-Sport-Socke anziehen, die schwarzrotgoldenen Boxershorts und die Garderobe fürs Büro; ein dunkelblaues Sakko, welches als Innenfutter ein eingenähtes Philipp-Lahm-Trikot zum Vorschein bringt. Sehr „cool“. So kann man das Sakko einfach wenden und direkt nach Feierabend zur Fan-Meile stürmen, ohne die wichtigsten Spielminuten zu verpassen.
Zum Frühstück natürlich ein Brötchen mit „Deutschland-Marmelade“, und ein Blick auf die „WM-Deutschland-Uhr“ zeigt, daß es Zeit für die Arbeit ist. Mit dem Auto, an dem natürlich eine oder mehrere Deutschland-Autofahnen klemmen, schnell ins Büro fahren; dort angekommen werden Panini-Sticker mit den Kollegen getauscht.
Nachmittags nimmt man sich am besten frei, setzt die Deutschland-Sonnenbrille auf und grillt mit genauso fußballbegeisterten Kumpels. Der teure Geschäftsanzug von Boss wird nicht mehr benötigt; ein Deutschland-WM-Trikot erfüllt jetzt auch den Zweck. Auf der schwarzrotgoldenen Picknickdecke und auf dem Fifa-Strandtuch werden die schwarzen und weißen WM-Flaschenkühler aufgestellt. >>
Beim Kauf einer bestimmten Biersorte und diverser kleiner Schnäpse bekam man im Supermarkt eine Fahne (Wortwitz!) kostenlos dazu und beim Kauf von Pudding einen Automagneten in Form einer Deutschlandfahne.
Zunächst hißt man im Stadtpark eine Deutschlandfahne aus Stoff, um sein Revier zu markieren und sich dann mit dem „Mini-DFB-Lederfußball“ die Zeit zu vertreiben. Es wird auf dem schwarzweißen Fußballgrill gegrillt, und den Biertisch ziert natürlich die Biertischdecke „Deutschland“. Kleine Häppchen reicht man unter einer Deutschland-Wimpelkette und in „Papierbackförmchen Deutschland“, und in den Frikadellen stecken „Deutschlandfahnen-Picker“.
Mädels im kleinen Schwarzrotgoldenen
Die Herren Fußballfans tagen in der Sonne natürlich Hut: einen schwarzweißen Fußballhut, einen schwarzrotgoldenen Fischer- oder Cowboy-Hut, das „Fifa Army-Cap“, das „Basecap Germany“ (Made in China), die schwarzrotgoldene Perücke „Irokese“ oder natürlich die Pickelhaube. Diese war schon der absolute Kult-Fan-Artikel der deutschen Fußballszene zur WM 2006, denn endlich hatte Fußball-Deutschland einen Fan-Artikel mit Symbolkraft und Bezug zu unserem Land!
Doch auch die Herrinnen der Schöpfung können Flagge zeigen; Bei den deutschen Unterstützerinnen war es zuletzt angesagt, eine schwarze Hose, ein rotes Oberteil und einen gelben Schal oder gelbe Strickjacke zu tragen. Meine Damen, das muß nicht sein – denn es gibt das „kleine Schwarze“ auch als kleines „Schwarzrotgoldenes“ zu kaufen.
Für den weiblichen Anhänger diesen Sommer ein Muß! Beliebt bei den Damen ist auch eine eingeflochtene schwarzrotgoldene Haarsträhne oder zumindest eine schwarzrotgoldene Blumen- bzw. Hawaii-Kette. Für drunter gibt es diesen Sommer einen BH-Träger mit Fußball-Emblem oder mit Deutschlandfahne. Komplettiert wird die Ausstattung mit einem schwarzrotgoldenen Schmuckset.
Seine ungeliebten Nachbarn kann man während der WM mit folgenden Dingen in den Wahnsinn treiben: eine „Vuvuzela“ oder „Zuluu“, ein Membran-Horn, eine Trommel oder WM-Holzratsche. Alle diese Dinge verursachen einen ohrenbetäubenden Lärm. Sollte unsere Mannschaft nicht weit kommen, kann man zuletzt mit der aufblasbaren schwarzrotgoldenen Riesenhand zum Abschied winken. Mehr Patriotismus geht nicht – seien Sie Deutschlands zwölfter Mann bei der WM!
JF 24/10