GUBEN/WARSCHAU. Ein Vorfall an der deutsch-polnischen Grenze bei Guben hat ein grelles Licht auf die zunehmenden Spannungen zwischen Deutschland und Polen in der Migrationspolitik geworfen. Laut einstimmigen Berichten, versuchten Beamte der Bundespolizei Anfang dieser Woche, einen 18jährigen Afghanen über die Stadtbrücke zurück nach Polen zu bringen. Dort jedoch stießen sie auf unerwarteten Widerstand.
Mitglieder der polnischen Bürgerwehr Ruch Obrony Granic („Bewegung zum Schutz der Grenzen“) sollen den Mann gedrängt haben, umzukehren – zurück nach Deutschland.
Laut einem internen Behördenbericht bat die Bundespolizei die polnischen Kollegen um Aufnahme des Migranten. Zwar erschien eine Streife des polnischen Grenzschutzes auf der anderen Seite der Brücke, doch auch beim zweiten Versuch wurde der Afghane von der Bürgerwehr am Übertritt gehindert. Polnische Beamte sollen nicht eingegriffen haben.
Bürgerwehren organisieren Grenzkontrollen
Der Kommandant des polnischen Grenzschutzes lehnte laut Spiegel eine Rücknahme des Afghanen ab. Daraufhin brachte die Bundespolizei den Mann rund 60 Kilometer weiter südlich nach Bad Muskau, wo er unbehelligt nach Polen zurückkehren konnte. Polens künftiger Präsident Nawrocki hatte sich zuletzt lobend über Bürgerwehren geäußert, die in Eigenregie Grenzpatrouillen organisieren. Der Vorfall zeigt nun erstmals, daß solche Gruppen faktisch staatliche Entscheidungen sabotieren – offenbar mit stillschweigender Duldung offizieller Stellen.
Die Zwischenfälle an der Grenze reihen sich ein in eine zunehmende Verhärtung des deutsch-polnischen Verhältnisses in Migrationsfragen. Während Deutschland auf Rückübernahme drängt, wirft Warschau Berlin vor, seine Probleme auf Kosten der Nachbarn zu lösen. Beobachter befürchten nun eine weitere Verschärfung des Grenzregimes – auf beiden Seiten. (rr)