POTSDAM. 68,3 Prozent der Wähler haben am Sonntag in der brandenburgischen Landeshauptstadt Potsdam dafür gestimmt, daß Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) sein Amt abgeben muß. Die Wahlbeteiligung lag bei 37,2 Prozent, wie die Stadt mitteilte. Entscheidend war das Quorum von mindestens einem Viertel Ja-Stimmen unter allen Wahlberechtigten. Dies entspricht 35.764 Wählern. Letztlich stimmten 36.228 Bürger für eine Abwahl – also 464 mehr als nötig.
Bis auf die SPD hatten alle anderen Parteien das Abwahlverfahren in Gang gesetzt. Diese warfen Schubert einen überheblichen Führungsstil, mangelnde Kooperation mit der Stadtverordneten-Versammlung und die sogenannte VIP-Ticket-Affäre vor. Der SPD-Politiker hatte für sich und seine Frau Karten für Sportveranstaltungen in Potsdam angenommen, ohne dort zu repräsentieren. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wurden gegen eine Geldauflage eingestellt.
Schuberts Amtszeit hätte regulär im kommenden Jahr geendet. Der 52jährige war seit 2018 im Amt. Innerhalb von fünf Monaten muß ein neuer Wahltermin festgesetzt werden. Bis dahin übernimmt Bürgermeister Burkhard Exner (SPD) kommissarisch die Amtsgeschäfte. Neuwahlen soll es im Herbst geben. Die CDU und andere Parteien forderten einen überparteilichen Kandidaten, auf den sich alle „demokratischen Fraktionen“ einigen könnten.
Kommt Potsdam vom Regen in die Traufe?
Als Favoritin dafür gilt die parteilose Noosha Aubel, derzeit Beigeordnete in Flensburg und vorher in selber Funktion in Potsdam tätig. Zu ihren Ambitionen wollte sie sich nicht konkret äußern. Sie ließ aber am Sonntagabend ihr Interesse durchblicken. Den Potsdamer Neuesten Nachrichten sagte die 50jährige: „Heute zählt nur: Die Potsdamerinnen und Potsdamer wollen einen Neustart.“
Allerdings hat die Staatsanwaltschaft Neuruppin erst vor vier Wochen ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Vorteilsannahme gegen die Politikerin eingeleitet. Ihr werden ähnliche Vorwürfe wie Schubert in der VIP-Ticket-Affäre gemacht.
Die Mehrheitsverhältnisse in der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung sind kompliziert und zersplittert. Mit nur 19,4 Prozent wurde die SPD bei der Kommunalwahl 2024 stärkste Fraktion. Dahinter folgen fast gleichauf CDU, Grüne und AfD mit 13,7 bis 14,7 Prozent. Insgesamt sitzen acht Fraktionen im Stadtparlament. (fh)