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AfD-Bundesparteitag: Nimm zwei?

AfD-Bundesparteitag: Nimm zwei?

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Georg Pazderski, Alexander Gauland und Jörg Meuthen (v.l.n.r.): Wer führt künftig die AfD Foto: picture alliance/dpa
AfD-Bundesparteitag
 

Nimm zwei?

An diesem Wochenende kommt die AfD in Hannover zu ihrem ersten Parteitag nach der Bundestagswahl zusammen. Auf der Tagesordnung steht die Wahl einer neuen Parteispitze. Neben AfD-Sprecher Jörg Meuthen hat auch der Berliner AfD-Chef Georg Pazderski seinen Hut in den Ring geworfen. Entschieden werden soll auch, ob die Partei weiterhin mit einer Doppelspitze geführt wird.
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HANNOVER. An diesem Wochenende kommt die AfD in der niedersächsischen Landeshauptstadt zu ihrem ersten Parteitag nach der Bundestagswahl zusammen. Auf dem Programm steht die Neuwahl des Bundesvorstands. Schon vor längerer Zeit hatte der nach dem Austritt Frauke Petrys allein an der Spitze der Partei stehende Bundessprecher Jörg Meuthen erklärt, er werde sich wieder zur Wahl stellen.

Strittig ist: Bleibt es bei der Doppelspitze oder nicht? In einem Antrag fordert unter anderem Sachsen-Anhalts Parteichef André Poggenburg eine künftige Flexibilisierung, die auch eine Einzelspitze ermöglichen könnte. In Parteikreisen ist es kein Geheimnis, daß Meuthen dies recht wäre. Mit Fraktionschef Alexander Gauland hat die Doppelspitze allerdings einen einflußreichen Fürsprecher. Zumal die AfD-Basis Macht lieber in mehr als in wenige Hände delegiert.

Als potentiellen Co-Vorsitzenden hatte Gauland zunächst Mecklenburg-Vorpommerns Landeschef und Bundestagsfraktionsvize Leif-Erik Holm ins Spiel gebracht. Doch Holm sagte am Dienstag seine Kandidatur endgültig ab: Er habe bereits zwei wichtige Aufgaben übernommen. „Als Vater von zwei kleinen Kindern ist es mir sehr wichtig, neben der Politik auch noch Zeit für meine Familie zu haben“, teilte der 47jährige mit.

Gauland: „Heute habe ich nicht vor zu kandidieren“

Statt dessen verkündete Berlins Landesvorsitzender Georg Pazderski, er werde sich bewerben: „Nach reiflicher Überlegung und vielen Gesprächen habe ich mich jetzt entschieden, am Wochenende für eine Sprecherposition an der Spitze der AfD zu kandidieren“, gab Pazderski in einer Mitteilung bekannt. Pazderskis Kandidatur unterstützen die beiden stellvertretenden Vorsitzenden der Bundestagsfraktion Beatrix von Storch und Roland Hartwig.

„Georg Pazderski gehört zu den profilierten Landespolitikern der AfD und steht klar und glaubwürdig für einen bürgerlich-konservativen Kurs“, so von Storch. Und Hartwig ergänzte gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Georg Pazderski ist der richtige Mann, die verschiedenen Fähigkeiten und Strömungen in einer Doppelspitze so zu einem Miteinander zu bündeln, daß die AfD sich dauerhaft als eine konservative Volkspartei in Deutschland etabliert.“

Am Donnerstag dann meldete die Onlineausgabe der Bild-Zeitung, Gauland selbst werde seinen Hut in den Ring werfen und für einen der beiden Sprecherposten kandidieren. Er selbst wollte das zunächst weder bestätigen noch dementieren. Am Abend dann sagte er jedoch: „Heute habe ich nicht vor zu kandidieren.“ War das ganze eventuell nur ein Testballon, ein kleines Muskelspiel in Richtung Pazderski?

Pazderski gilt als Realo

Klar ist: der Berliner Landes- und Fraktionschef gehört zu denen, die eine klare rote Linie nach rechts gezogen haben und diese auch sanktionieren, sowohl in der Fraktion als auch im Landesverband.

Pazderski ist zudem ein Verfechter des Parteiausschlußverfahrens gegen Björn Höcke, womit sich der pensionierte Generalstabsoffizier die Gegnerschaft der Parteirechten („Flügel“) zugezogen hat. Für sie repräsentiert Pazderski zudem diejenigen Realos, die die AfD mittelfristig koalitions- und damit regierungsfähig machen wollen.

Eine weitere Befürchtung der Meuthen-Unterstützer: Pazderski hätte den Heimvorteil in Berlin, was ihm in punkto Öffentlichkeitsarbeit und Zugriff auf die Parteizentrale nützen könnte. Aber nicht nur wegen der Entfernung in Brüssel oder Straßburg gälte Meuthen vielen in der Partei in dieser Konstellation als der schwächere Part. Denn anders als in Berlin ist die Situation in Stuttgart nicht so ruhig.

Stimmen für Weidel

So entschied etwa die AfD-Landtagsfraktion kurz nach dem Ausscheiden Meuthens als Vorsitzender, den fraktionslosen Abgeordneten Wolfgang Gedeon, dessen Parteiausschlußverfahren offiziell noch schwebt, in ihren Arbeitskreis Europa aufzunehmen. Seine Anträge für den Parteitag zur Außenpolitik, zu Israel und zum Antisemitismus werden zudem unterstützt von den Stuttgarter AfD-Abgeordneten Bernd Grimmer, Emil Sänze und Rainer Podeswa.

Zudem ist auch Stefan Räpple, der im vergangenen Jahr von der Fraktion mit einem Ausschuß- und Rede-Verbot diszipliniert worden war, ab sofort wieder „vollwertiges“ Mitglied der Fraktion mit allen Rechten. Nach Meinung von Parteimitgliedern hat zudem die Debatte um das – schließlich doch zeitlich begrenzte – Doppelmandat Meuthens Position unnötigerweise geschwächt.

Unklar ist indes, ob die Bundestagsfraktionsvorsitzende Alice Weidel – auch sie stammt ja aus Baden-Württemberg – bei ihrer Entscheidung bleibt, nicht für den Bundesvorstand zu kandidieren. Mehrere Parteiprominente hatten sich für einen Vorstandsposten Weidels ausgesprochen. „Der Bundesvorstand braucht Alice Weidel und ihre hohe Sachkompetenz in Wirtschafts- und Finanzfragen.

Gauland will „gärigen Haufen“ zusammenhalten

Deshalb halte ich es für wichtig, daß sie für den Bundesvorstand kandidiert“, meinte beispielsweise Sprecherkandidat Pazderski in der Bild-Zeitung. Aus Parteikreisen ist zu hören, Weidel werde sich durchaus noch in die Pflicht nehmen lassen. Seine Kandidatur für den Bundesvorstand angekündigt hat dagegen der Publizist Nikolaus Fest, der wie Beatrix von Storch und Georg Pazderski aus dem Landesverband Berlin kommt.

Eine Doppelspitze Meuthen-Pazderski würde ohne Zweifel die programmatische Bandbreite der AfD glaubhafter repräsentieren als eine Doppelspitze Meuthen-Gauland. Der 76jährige Brandenburger ist angesichts von Alter, Gesundheit und seinem wichtigen Posten als Fraktionsvorsitzender im Bundestag alles andere als erpicht auf einen weiteren Spitzenposten.

Aber er will den „gärigen Haufen“ (Gauland über die AfD) zusammenhalten; und das heißt vor allem Ruhe bewahren, Polarisierungen vermeiden – selbst um den Preis inhaltlicher Nicht-Entscheidungen. Ausgleichende Fähigkeit plus Autorität sieht Gauland vor allem bei sich selbst ausreichend vorhanden. Das könnte der Hauptimpuls für die Kandidaturgerüchte gewesen sein. Oder sollte – was mancher in der Partei hinter vorgehaltener Hand ins Spiel bringt – es am Ende gar auf eine Kompromiß-Doppelspitze Gauland-Pazderski hinauslaufen?

Am Ende bleibt der Parteitag die große Unbekannte. Denn mit ihrer Unberechenbarkeit hat die AfD schließlich schon manche Prophezeiung widerlegt. (vo)

Georg Pazderski, Alexander Gauland und Jörg Meuthen (v.l.n.r.): Wer führt künftig die AfD Foto: picture alliance/dpa
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