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„hart aber fair“: Die Sahra-Wagenknecht-Show

„hart aber fair“: Die Sahra-Wagenknecht-Show

„hart aber fair“: Die Sahra-Wagenknecht-Show

Sahra Wagenknecht und Jörg Meuthen
Sahra Wagenknecht und Jörg Meuthen
Sahra Wagenknecht und Jörg Meuthen: Diskussion bei „hart aber fair“ Foto: Screenshot ARD
„hart aber fair“
 

Die Sahra-Wagenknecht-Show

„Verstehen die Bürger diese Regierung noch?“ fragte die „hart aber fair“-Redaktion ein Jahr nach der Bundestagswahl. So ganz genau wissen wollte sie es dann aber scheinbar doch nicht. Denn zur Diskussion waren neben einem Politologen nur Politiker geladen. Und eine von ihnen konnte und durfte sich besonders in Szene setzen.
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„Verstehen die Bürger diese Regierung noch?“ fragte die „hart aber fair“-Redaktion ein Jahr nach der Bundestagswahl. So ganz genau wissen wollte sie es dann aber scheinbar doch nicht. Zu der Diskussion ins Studio waren jedenfalls keine normalen Bürger, sondern nur Politiker und ein Wissenschaftler geladen.

Wenn man sich das Zeugnis schon selbst ausstellen darf, dann kann man sich auch gleich Bestnoten geben, dachte sich wohl der CSU-Mann Stephan Mayer. Er betonte gleich zu Beginn der Sendung, daß die Bundesregierung weit besser als ihr Ruf sei und es im Wesentlichen eigentlich nur an der Außendarstellung der erfolgreichen Arbeit hapere.

Die Bürger kamen mal wieder nur via Internet und in kurzen Einspielern zu Wort. Der erste dieser Filmbeiträge zeigte „empörte Reaktionen“ zum Fall Maaßen. Wobei sich die Befragten, anders als von den Journalisten vermutlich erwartet oder erhofft, vor allem über die ausgedehnte mediale und politische Debatte und nicht über Maaßen selbst ärgerten.

SPD-Mann reitet auf Fall Maaßen herum

Dies hielt den regierenden Bürgermeister von Berlin, Michael Müller (SPD), aber nicht davon ab, das stumpfe Maaßen-Bashing der vergangenen Wochen fortzusetzen: „Herr Maaßen hätte entlassen werden müssen, ohne Wenn und Aber und ohne Anschlußverwendung.“ Der Haß auf den Ketzer, der es gewagt hatte, aus dem offiziell ausgegebenen Anti-Rechts-Narrativ auszuscheren, scheint noch immer tief zu sitzen bei den Mächtigen.

In diesem Stil, von dem sich die befragten Wähler im gerade gezeigten Einspieler so genervt gezeigt haben, geht es dann erst einmal eine Weile weiter. Bizarr wird das Ganze, als Müller die „Werte unseres Zusammenlebens“ unter massivem Druck sieht und dabei ausgerechnet die Pressefreiheit und die Meinungsfreiheit nennt. Der SPD-Mann scheint dabei keine Sekunde daran zu denken, daß seine Partei die Beschneidung dieser Freiheiten in den vergangenen Jahren vorangetrieben hat, wie kaum eine zweite im deutschen Bundestag.

Die parlamentarische Demokratie sieht Müller ebenfalls in Gefahr. Auch hier darf bezweifelt werden, daß ihm dabei sein Parteifreund Johannes Kahrs und dessen einem Parlament unwürdiges Gepöbelt gegenüber den Kollegen von der AfD in den Sinn kommt. Der Politwissenschaftler Karl-Rudolf Korte sieht eine immer stärker werdende Polarisierung unter den deutschen Wählern und macht das vor allem an den Stimmen-Zuwächsen für AfD und Grüne fest.

Paraderolle als Sozialistin mit menschlichem Antlitz

Die Linkspartei von Sahra Wagenknecht, die mit ihrer Sammlungsbewegung „Aufstehen“ doch so gerne polarisieren würde, sieht der Professor nur als „eine von den anderen“ Bundestagsparteien, ohne größeres Polarisierungs-Potential. Wagenknechts Bewegung ist für ihn ein „institutionelles Angebot“ aus einer etablierten Parteiendemokratie auszubrechen. Das klingt irgendwie nur noch maximal halb so rebellisch und revolutionär, wie Wagenknecht selbst sich gerne gibt.

Immerhin war der Ball damit aber an die linke Galionsfigur gespielt. Wagenknecht nahm gerne an und gab routiniert die Kümmererin. Ein bißchen Altersarmut, ein bißchen Bildung, ein bißchen Mietpreisbremse. Wagenknecht glänzt mal wieder in ihrer Paraderolle als Sozialistin mit menschlichem Antlitz. Auch weil die anderen sie glänzen lassen ohne ihr allzu harsch in die Parade zu fahren. „Es muß sich was ändern“, sagt die Frau, die für alles eine Lösung zu haben scheint. Die Menschen, die sich nach Lösungen sehnen, beklatschen sie dafür. Daß die Lösungen der Sahra Wagenknecht vor allem mehr Zwang für alle bedeuten würde, scheinen viele nicht zu ahnen – oder es ist ihnen egal.

Später versucht auch AfD-Chef Jörg Meuthen auf den Zug der sozialen Gerechtigkeit aufzuspringen. Er wird von Wagenknecht, mit dem Verweis auf seine mangelnde Glaubwürdigkeit, unsanft ins politische Gleisbett gestoßen. Meuthen kritisiert den „ineffizienten Sozialstaat“. Wagenknecht schwärmt vom „österreichischen Modell“ und von „im Durchschnitt 800 Euro mehr“ Rente. Meuthens Argumente sind besser. Wagenknechts Argumente klingen besser.

Vulgärmarxistische Thesen ohne vulgär zu klingen

Mit der ihr eigene Mischung aus Wortgewandtheit und Ausstrahlung okkupiert die Sozialistin einmal mehr die komplette Sendung. Wagenknecht verbreitet vulgärmarxistische Thesen ohne dabei vulgär zu klingen. Der Zuschauer hört der Linken gerne zu. Moderator Frank Plasberg weiß das und gibt ihr viel Zeit für „Aufstehen“ zu werben. Wagenknecht gelingt es, diese als moralisch vertretbare Alternative zu den „rechten Hetzern“ von Pegida und der AfD zu präsentieren.

Daß beim Thema Rente auch deutlich wird, daß sie mit Björn Höcke mehr gemeinsam hat, als mit Meuthen, stört dabei nicht. Im Gegenteil. Die fleischgewordene Querfront Sahra Wagenknecht signalisiert: „Aufstehen“ ist die Bewegung, in der es für Höckes Ideen den „Rückhalt“ gibt, der ihm in der AfD fehlt. Wagenknecht gibt dem Publikum das, was die abgestumpften Vertreter der Regierungsparteien ihm nicht geben können und der rationale Meuthen ihm nicht geben will: Die Vision von einer strahlenden Zukunft für alle, ohne eigene Anstrengung. Wer wollte da noch Gegenargumente hören?

Sahra Wagenknecht und Jörg Meuthen: Diskussion bei „hart aber fair“ Foto: Screenshot ARD
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