Kurz nach Weihnachten erhielten wir durch einen Anruf die Information über das Verschwinden unseres Reporters Billy Six in Syrien. Es war ein Schock, als wir vom Bundeskriminalamt, das die Aufklärung des Falles zunächst an sich zog, erfuhren, daß Six mutmaßlich schon am 13. Dezember bei einem Reportereinsatz in der Nähe von Hama von Einheiten der syrischen Armee festgenommen worden war.
Fieberhaft versuchten wir herauszubekommen, wo unser Reporter sein könnte. Widersprüchliche Nachrichten erreichten uns insbesondere über Facebook, wo Sympathisanten der syrischen Freischärler als erste über die Festnahme berichtet hatten. Eine Bestätigung über amtliche syrische Stellen waren nicht zu erreichen. Insofern mußte befürchtet werden, daß Billy Six auch in die Hände der sogenannten syrischen „Befreiungsarmee“ gefallen oder getötet worden sein könnte.
Mehrfach wurde die JF-Redaktion von BKA-Beamten aufgesucht und Redakteure, die mit Billy Six bis zuletzt in Kontakt waren, vernommen. Wir folgten dem Ratschlag von BKA und Auswärtigem Amt, nicht über die Suche nach unserem Reporter zu berichten, um sein Leben nicht zu gefährden. Schließlich hätte er auch in der Gewalt von skrupellosen Entführern sein können, die durch Medienberichterstattung erst herausgefordert worden wären.
Unterstützung von vielen Seiten
Also unterwarfen wir uns einer Nachrichtensperre und baten auch andere Medien darum, nicht über den Fall Billy Six zu berichten. Das Tröstliche bei diesem 12 Wochen währenden Drama war die Erfahrung, wie unglaublich viele Journalisten unterschiedlicher Couleur und Vertreter von Nichtregierungsorganisationen sich darum bemühten, bei der Suche nach unserem Reporter zu helfen. Es waren Kollegen großer Blätter dabei, mit denen wir sonst in der Berichterstattung häufig über Kreuz liegen.
Ende Januar dann der erste Lichtblick. Das BKA informierte uns, daß Six in einem syrischen Gefängnis von einer Zeugin gesehen worden sein soll. Seitdem mußten wir uns auf die Bemühungen des Auswärtigen Amtes verlassen. Gemeinsam mit dem russischen Außenministerium konnte diese Woche die Freilassung arrangiert werden und unser Reporter das vom Bürgerkrieg geschüttelte Land über die libanesische Grenze verlassen.
Billy Six ist ein Abenteurer. Er hat schon aus dem zerfallenden Libyen für unsere Zeitung berichtet und war auch dort kurzfristig in Haft geraten. Er hatte kein ordnungsgemäßes Journalistenvisum. Sein illegaler Grenzübertritt war riskant. Er hat sich auf eigene Faust durch das Rebellengebiet geschlagen. Er wollte ganz nah dran sein. Wir danken allen, die mitgeholfen haben, diesen leidenschaftlichen jungen Reporter rauszuhauen. Willkommen zu Hause, Billy Six!