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Bundeswehr: Blind im Minenfeld

Bundeswehr: Blind im Minenfeld

Bundeswehr: Blind im Minenfeld

Hubschrauber NH90
Hubschrauber NH90
Hubschrauber NH90: Teuer, störanfälig, Made in Germany Foto: picture alliance / dpa
Bundeswehr
 

Blind im Minenfeld

Wenn das so weitergeht, wird die Bundeswehr die erste Armee sein, die ohne Krieg und Feind kapitulieren muß. Ihre Ausstattung ist ein einziges Desaster. Durch politische Vorgaben setzt man auf Eigenproduktion. Doch die letzten Hersteller, die noch deutsch sind, sind auch besonders teuer. Ein Kommentar von Paul Rosen.
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Wenn das so weitergeht, wird die Bundeswehr die erste Armee sein, die ohne Krieg und Feind kapitulieren muß. Ihre Ausstattung ist ein einziges Desaster. Auch die Qualität der Soldaten und Offiziere wird schlechter, nachdem die Wehrpflicht abgeschafft wurde. Die einstige Vorzeigearmee des westlichen Bündnisses mit ehrenhaften Prinzipien wie dem Staatsbürger in Uniform und ihrer weltweit einmaligen Auftragstaktik gerät zur Lachnummer. Von dem Respekt, den man „unseren Jungs“ früher entgegenbrachte, ist nichts mehr übrig.

Die Verantwortung für die in jüngster Zeit häufiger berichteten Mängel an Flugzeugen, Fahrzeugen, Schiffen und Waffen – also an allem – tragen die Parteien des Bundestages, frühere Kabinette und die heutige Regierung. Noch jeder Finanzminister seit der Wiedervereinigung hat „Friedensdividende“ aus dem Wehretat kassiert – angefangen von Theo Waigel (CSU) über Hans Eichel (SPD) bis zu Wolfgang Schäuble (CDU).

Die Verteidigungsbereitschaft wurde gedankenlos heruntergefahren

Die deutsche Politik glaubte, mit dem Auseinanderfallen der Sowjetunion einen Sieg errungen zu haben und die Verteidigungsbereitschaft herunterfahren zu können; so wie frühere Reiche in Zeiten scheinbar nachlassender Bedrohung die Mauern der Städte verfallen und die Waffen verrotten ließen – bis der Feind mitten im Land stand. Da das deutsche Volk sich für Verteidigung nicht mehr interessiert, bekam eine Politik Rückenwind, die annahm, Freundschaften und gute Beziehungen gegebenenfalls durch Geldzahlungen sichern zu können – ein Irrtum, der in der Geschichte schon oft tragisch endete.

Die jeweiligen Verteidigungsminister – von Volker Rühe bis zu Ursula von der Leyen – waren beziehungsweise sind mitschuldig an dem Desaster. Keiner von ihnen hat es gewagt, den Finanzbeschlüssen der Regierung öffentlich zu widersprechen. Im Gegenteil: Sie haben wie Scharping mit Schlußverkaufsaktionen und Privatisierungen („Rudis Resterampe“) die Verhältnisse noch verschlimmert.

Für „Experten“ von außen ist die Bundeswehr ein Minenfeld

Jeder Minister änderte die gerade laufende Bundeswehrreform, für die man den Begriff „Transformation“ erfand: Ein Prozeß, der so abläuft, daß er sofort neue Änderungen des Prozesses nach sich zieht, die in immer kürzeren Abständen erfolgen müssen, weil sonst das ganze System zusammenbricht. Von der Leyen, die am liebsten Generäle wie Schulbuben über Kasernenhöfe jagt, hat bis heute nicht begriffen, wie Bundeswehr und Beschaffung funktionieren. Statt Kenner der Armee holte sie externe „Experten“ ins Haus – ein Fehler, den ihre Vorgänger auch gemacht haben.

Die externen Kräfte haben keine Ahnung, fallen schnell Intrigen der uniformierten und zivilen Kräfte zum Opfer. Die jetzige Rüstungsstaatssekretärin Katrin Suder kommt von einer Unternehmensberatung und fiel bisher nur durch Berichte über ihre lesbische Neigung und über ihr Lastenfahrrad auf, mit dem sie durch Berlin-Kreuzberg zu radeln pflegt.

Für solche Amateure ist der Umgang mit der Bundeswehr wie eine Wanderung mit verbundenen Augen durch ein Minenfeld. Alle Probleme in der Rüstung, über die sich jetzt unfähige Politiker aufregen und uninformierte Medien mokieren, sind seit Jahren bekannt und Folge einer falschen Beschaffungspolitik, die mit dem angeblichen Schutz deutscher Arbeitsplätze und der Pflicht zum Erhalt nationaler Fähigkeiten den Wettbewerb ausschaltete und das bekam, was zu erwarten war: neues Material, das nicht funktioniert, aber dafür besonders teuer ist.

Die letzten Hersteller, die noch deutsch sind, sind auch besonders teuer

Fahrzeuge werden heute von den letzten beiden deutschen Herstellern Krauss-Maffei-Wegmann und Rheinmetall zusammen produziert. Folge: Neue Geräte wie der Truppentransporter Boxer funktionieren nicht oder selten. Schiffe kommen von den letzten deutschen Werften: Folge: Neue Korvetten liegen monatelang im Reparaturdock, U-Boote sind nicht einsatzfähig. Flugzeuge und Hubschrauber kommen vom letzten Hersteller, der zum Teil noch deutsch ist. Folge: Wann Airbus den neuen Transporter A400M liefert, weiß man nicht.

Die neuen Hubschrauber taugen nichts, das Kampfflugzeug Eurofighter ist eine fliegende Baustelle. Diese Truppe sitzt auf dem trockenen, weil Politiker Aufträge an Rüstungsfirmen in ihren Wahlkreisen schieben und nicht das Schicksal der Nation und der Soldaten im Sinn haben. Und wer glaubt, wenigstens Munition und Waffen seien in Ordnung, irrt sich gründlich.

Motivierte Soldaten können unsere Heimat und uns nicht mehr schützen

Es ist oft genug versucht worden, durch Wettbewerb Alternativen zu schaffen. So optierte das Verteidigungsministerium für die Beschaffung eines russischen Transportflugzeugs. Die Politik hintertrieb den Versuch. Die von der DDR-Volksarmee übernommenen Mig-29-Flugzeuge waren nach einer Kampfwertsteigerung besser als Tornado und Phantom – schnell wurden sie an Polen verschenkt. Als die US-Firma Lockheed Martin kurzfristig drei Transportflugzeuge mit haushaltsneutraler Leasing-Finanzierung anbot, wollte der damalige Minister Jung die Flugzeuge nicht haben. Die Airbus-Lobby hatte Jung argumentativ fest im Griff.

Es ist unklar, was das größere Problem ist: der Rüstungslobbyismus in Berlin oder Politiker, die diesen Lobbyisten auf den Leim gehen. Den Schaden hat auf jeden Fall die Bundeswehr mit ihren früher einmal motivierten und engagierten Soldaten und Offizieren, die sich mit unzuverlässigem alten oder mit kaputtem neuen Material plagen müssen. Weder können sie erfolgreich in den Einsatz gehen, noch können sie – und das ist das eigentliche Drama – unsere Heimat und uns schützen.

JF 41/14

Hubschrauber NH90: Teuer, störanfälig, Made in Germany Foto: picture alliance / dpa
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