Anzeige
Anzeige

Interview: „Es fehlt an Patriotismus“

Interview: „Es fehlt an Patriotismus“

Interview: „Es fehlt an Patriotismus“

koban
koban
Foto: (c) Harry Schnitger/JF-Montage
Interview
 

„Es fehlt an Patriotismus“

Mit seinem Buch „Deutschlands freiwilliger Untergang“ sorgt Salahdin Koban seit Wochen für Schlagzeilen. Im Interview mit der JUNGEN FREIHEIT beklagt er, daß die politische Linke nicht zwischen Patriotismus und Nationalismus unterscheide. Den Deutschen bescheinigt das CDU-Mitglied, aus ihren Fehlern gelernt zu haben.
Anzeige

Mit seinem Buch „Deutschlands freiwilliger Untergang“ sorgt Salahdin Koban seit Wochen für Schlagzeilen. Im Interview mit der JUNGEN FREIHEIT beklagt er, daß die politische Linke nicht zwischen Patriotismus und Nationalismus unterscheide. Den Deutschen bescheinigt das CDU-Mitglied, aus ihren Fehlern gelernt zu haben. Die deutsche Kultur habe sich seit dem 20. Jahrhundert weiterentwickelt.

 

Herr Koban, Sie haben vor kurzem der „Welt“ im Zuge ihrer Buchveröffentlichung ein Interview gegeben, in dem Sie deutschen Selbsthaß und Multi-Kulti-Politik gegeißelt haben. Wie waren die Reaktionen darauf?

Salahdin Koban: Ich habe viel positiven Zuspruch aus den unterschiedlichen politischen Lagern bekommen, aber auch aus der deutsch-migrantischen Community. Ich habe außerdem die Multi-Kulti-Politik nicht gegeißelt, sondern sie in ihrer derzeitigen Form für gescheitert erklärt.

Wie kommt es, daß ein Sohn von Migranten sich ausgerechnet in der CDU engagiert und nicht bei linken Parteien? 

Koban: Weshalb sollte ich es nicht? Die CDU ist eine Volkspartei, die einen wirtschaftsliberalen, sozialen und konservativen Flügel vereint. Die CDU muß, wenn sie dem Anspruch der Volkspartei gerecht werden möchte, die Gesellschaft in all ihrer Vielfalt widerspiegeln. Ich denke diesem Auftrag wird die Partei gerecht. Ich fühle mich jedenfalls in der Partei zuhause. Die Linke betrachtet Minderheiten als Opfer. Sie versteht sich als kostenloser Rechtsanwalt dieser und es wird nicht gefragt, ob diese Gruppen überhaupt diese Art der Solidarisierung wollen. Des Weiteren herrscht ein Demo-Kult. Bei jeder Kleinigkeit sind sie auf der Straße. Das ist heute nur noch ein „Selfie“ und ein paar „Likes“ für die eigene Basis, damit erreicht man sonst niemanden.

Umbenennung der Nationalmannschaft ist skandalös

Worin äußert sich für Sie deutscher Selbsthaß und wie kann ihm begegnet werden?

Koban: Es fehlt an Patriotismus, wir sehen das immer wieder gerne an Nationalfeiertagen, deutsche oder europäische Flaggen sind Fehlanzeige. Die politische Linke unterscheidet nicht zwischen Patriotismus und Nationalismus. Allein das die Nationalmannschaft in „Die Mannschaft“ unbenannt wurde, ist skandalös.

Was läuft Ihrer Meinung nach in der deutschen Integrationspolitik falsch?

Koban: Es gibt keinen wirklichen Ansatz: Wer sind wir im Jahr 2020? Wie ist Deutschland zu einem Einwanderungsland geworden? Was lehren wir an den Schulen? Warum trennen wir nicht zwischen Flüchtlingen und Einwanderern? Weshalb führen wir keine offene Debatte über Leitkultur? Ich möchte keine Leitkultur, die die Fünfzigerjahre zum Vorbild nimmt, aber die offene Debatte darüber möchte ich. Bis Mitte der 2000er Jahre wurde der Umstand, daß wir ein Einwanderungsland sind, geleugnet. Stattdessen werden zu viele Scheindebatten geführt. Ich nehme immer gerne die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehört, als Beispiel: Österreich hat mit dem Islamgesetz die Deutungshoheit über den Islam als Nation faktisch beansprucht. Das betrifft sowohl die Lehre als auch die Seelsorge, aber beispielsweise auch die Friedhofsregelungen. Damit wurde die Auslandsfinanzierung von Moscheen beendet. Das ist lösungsorientiert. Ich möchte aber erwähnen, daß es gute Integrationspolitiker gibt, Frau Serap Güler beispielsweise leistet in NRW herausragende Arbeit als Staatssekretärin für Integration.

AfD spielt mit den Ängsten der Bürger

Thilo Sarrazin hat vor zehn Jahren gewarnt: Deutschland schafft sich ab. Teilen Sie seine Befürchtungen?

Koban: Nein, der Personenkult um Sarrazin liegt am Titel des Buches und an den Äußerungen der Bundeskanzlerin, ansonsten wäre sein Buch maximal als Fußnote in die deutsche Geschichte eingegangen. Ich nehme ihn zudem seit dem SPD-Parteiausschluß-Verfahren und seinen wilden Aussagen zu angeblichen Erbgut-Theorien nicht mehr ernst. Ich glaube auch, daß die Mehrheit seiner Käufer seine Bücher nie gelesen hat. Wichtig bleibt, daß er die Debatte angestoßen hat. Er hat ansonsten zur integrationspolitischen Debatte keinen sinnvollen Beitrag geleistet.

Sie schreiben in Ihrem Buch von der Hoffnung, daß Heimatliebe über kulturelle Grenzen hinweg als Gemeinsamkeit wahrgenommen wird. Ist es nicht genau das, was in Allianzen sogenannter Rechtspopulisten von AfD über Front National bis Lega politisch verwirklicht wird? Ein Patriotismus/Nationalismus, der nicht mehr gegeneinander, sondern miteinander funktioniert?

Koban: Nein, ich lehne Nationalismus in jeglicher Form ab. Zumal diese Parteien mit Ängsten der Bürger spielen. Zur AfD: Die radikale Rhetorik und die Herabsetzung von Minderheiten hat für viel Unfrieden in der Gesellschaft gesorgt. Diese Partei schadet dem Ansehen und dem inneren Frieden der Bundesrepublik Deutschland.

Wieso definieren Sie sich ganz persönlich als Deutscher und nicht als Schwabe, wo Sie aufgewachsen sind? Was macht für sie die Anziehungskraft einer deutschen Identität aus?

Koban: Beides gehört für mich zusammen, des Weiteren bin ich überzeugter Europäer. Ich bin hier geboren, aufgewachsen und bin deutscher Staatsbürger. Ich fühle mich als Teil dieses vielfältigen Landes, in dem wir in Einigkeit und Recht und Freiheit zusammenleben.

„Erinnerungskultur muß fester Bestandteil des Landes sein“

Zeichnen Sie nicht selbst ein Klischeebild vom Deutschsein, wenn Sie schreiben, Deutsche seien unfreundlich, rücksichtslos und würden fremde Menschen wegen eines anderen Aussehens anstarren?

Koban: Nicht wirklich, ich habe aus vielen verschiedenen Kulturkreisen viel Zustimmung erhalten. Gestern erst hat mir ein amerikanischer Freund, der über 20 Jahre hier gedient hat, diese Punkte bestätigt.

Sie kritisieren, daß die Deutschen ihrer Kultur mißtrauen? Haben sie dazu nach den Schrecken des 19. und des 20. Jahrhunderts nicht auch allen Grund?

Koban: Die Erinnerungskultur muß immer ein fester Bestandteil unseres Landes sein, das aber schließt nicht aus, daß wir einen gesunden Patriotismus ausleben. Des Weiteren haben wir aus unseren Fehlern gelernt. Unsere Kultur hat sich weiterentwickelt. 

Foto: (c) Harry Schnitger/JF-Montage
Anzeige
Anzeige

Der nächste Beitrag

ähnliche Themen